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Frankfurter Buchmesse 16. - 20. Oktober 2024

Die Chronik der Frankfurter Buchmesse seit 1949

75-mal Frankfurter Buchmesse – das sind 75-mal große Geschichten, 75-mal wertvolle Begegnungen, 75-mal gesellschaftspolitische Bühne, 75-mal Stars aus Medien und Kultur. Und jedes Jahr wird ein neues Kapitel aufgeschlagen.

Was 1949 mit rund 200 Verlagen in der Paulskirche begann, entwickelte sich zur weltweit wichtigsten Branchenplattform für Content und Ideen. Heute ist die Geschichte der Frankfurter Buchmesse ein Teil der Geschichte der Stadt Frankfurt am Main, der Geschichte der deutschen Demokratie und der Geschichte der internationalen Medien- und Publishing Branche.

*Chronik der Frankfurter Buchmesse von 1949 – 1999 (nach: Stephan Füssel (Hrsg.), 50 Jahre Frankfurter Buchmesse: 1949 – 1999, Frankfurt/Main 1999)

1949–2022

Chronik 1949-1959

1. Frankfurter Buchmesse

März

Im März wird der Messeausschuss gegründet, dem Alfred Grade, Walter Gericke, Gottfried Löbemann, Dr. Heinz Bergmann und Dr. Kurt Georg Schauer angehören, und die Paulskirche angemietet.

Juni

Am 10. Juni erscheint die erste öffentliche Ankündigung im »Börsenblatt«; bis Mitte August gehen aber nur 100 Anmeldungen ein. Die Arbeitsgemeinschaft deutscher Verleger- und Buchhändlerverbände kann sich noch nicht zu einer Beteiligung entschließen; daher finden daneben vom 27. August bis 25. September eine Buchausstellung in Stuttgart (160 Aussteller) und vom 1. bis 23. Oktober eine Buchausstellung in Hamburg (57 Aussteller) statt.

18. bis 23. September

Die erste Frankfurter Buchmesse in der Paulskirche wird vom Hessischen Verleger- und Buchhändlerverband veranstaltet, 205 deutsche Verlage nehmen daran teil. Kennzeichen der Messe ist die Einheitlichkeit der Stände (der »Normalstand« bestand aus einer schräg gestellten 2-qm-Platte mit vier verschiebbaren Leisten für 100 DM Miete). Das »Börsenblatt« würdigt diese Veranstaltung mit einer Anzeigen-Sondernummer, die gleichzeitig als Messekatalog dient. Diese seitdem jährlich vor der Messe erscheinende Ausgabe wird zu einem wesentlichen Nachschlagewerk für den Sortimentsbuchhandel im Weihnachtsgeschäft. Die Statistik der Messeleitung zählt 9 046 zahlende Gäste, wozu noch rund 4 500 Interessenten mit freiem Eintritt kommen. Rund 8 400 Titel werden gezeigt; der Abschlussbericht hält fest, dass etwa 21 000 Aufträge erteilt werden, mit einer Auftragssumme von ca. 2,6 Millionen DM. Zeitgleich findet eine Ausstellung französischer Bücher in den Römerhallen statt.

Zahlen & Fakten

  • 9046

    Besucher*innen

  • 205

    deutsche Verlage

  • 100

    DM Standmiete

2. Frankfurter Buchmesse

21. bis 26. September

Veranstalter der 2. Buchmesse ist nun der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, zuständig sind der Verlegerausschuss und der Ausschuss für Messefragen. Dem Ausstellungsausschuss gehören die Verleger Vittorio Klostermann, Herbert Hoffmann und Christian Wegner an, dem Dreierkomitee für die Durchführung Heinrich Cobet, Dr. Knut Erichson und Kurt Wolff. Messeort ist wiederum die Paulskirche, hinzu kommen die notdürftig wiederhergestellten Römerhallen.

Von den 460 Teilnehmerverlagen kommen bereits 100 aus dem europäischen Ausland und den USA. Damit beginnt die Internationalisierung: In den Römerhallen IV stellen 44 Verlage aus der Schweiz, 30 aus Frankreich, 20 aus Österreich und jeweils zwei aus den USA und Großbritannien und je ein Verlag aus den Niederlanden und Schweden aus. Insgesamt werden ca. 28 000 Bücher, darunter 5 000 Neuerscheinungen, gezeigt. Der Gesamtumsatz beträgt ca. 6 Millionen DM; der Börsenverein macht einen Gewinn von ca. 19 000 DM.

Der erste Messekatalog erscheint in einem Umfang von 80 Seiten; während der Messe fand ein vom Börsenverein veranstalteter internationaler Tanzabend statt. Ebenfalls findet im Rahmen der Messe die Versammlung der Mitglieder der Landesverbände – Vorläufer der Hauptversammlung des Börsenvereins – in der Paulskirche statt.

Zahlen & Fakten

  • 28000

    Bücher

  • 5000

    Neuerscheinungen

  • 460

    Teilnehmerverlagen

3. Frankfurter Buchmesse

13. bis 18. September

Die Messe findet erstmals auf dem Frankfurter Messegelände statt (Kongresshalle und Haus des Deutschen Kunsthandwerks). Bei steigender Ausstellerzahl nimmt die Internationalität zu; unter den 602 ausstellenden Verlagen sind 54 schweizerische, 42 österreichische, 70 französische, 18 nieder-ländische, vier englische, zwei aus den USA und ein Verlag aus der DDR. Die französischen Verlage veranstalten im Haus des Deutschen Kunsthandwerks eine Sonderschau mit etwa 2 500 Titeln.

Erstmals wird in der Paulskirche der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen (an Albert Schweitzer, Laudator Bundespräsident Theodor Heuss). Diese Veranstaltung, jeweils am Messesonntag, wird in den folgenden Jahren zu einem der zentralen Ereignisse der Messe. Das »Börsenblatt« veröffentlicht einen eigenen Bildteil über die Messe. Als erste Rahmenveranstaltungen finden in der Kongresshalle drei abendliche Vorträge statt. Insgesamt werden 36 000 Bücher, darunter 7 500 Neuerscheinungen gezeigt. Die Wochenzeitschrift »Die Zeit« schreibt von der Messe bereits als einer »unersätzlichen Institution«.

Zahlen & Fakten

  • 36000

    Bücher

  • 7500

    Neuerscheinungen

  • 602

    Verlage

4. Frankfurter Buchmesse

25. bis 30. September

Die Routine setzt ein, und damit entsteht das Problem der großen (und wachsenden) Zahlen: Aussteller, Bücher, Besucher*innen.

Die Entwicklung von der »Verkaufsmesse« zur Mustermesse wird sichtbar. Ein Grund für diese Entwicklung liegt ebenfalls in den Zahlen: Die Menge der Sortimenter bleibt mehr oder minder konstant, die der Aussteller und gezeigten Bücher steigt (857 Verlage, darunter 484 deutsche; 22 000 zahlende Besucher*innen). Die Standmieten werden gegenüber 1951 um zehn Prozent gesenkt. Die DDR nimmt nicht an der Messe teil, sie erscheint erst wieder 1955. Drei Sonderausstellungen werden gezeigt: »Die schönsten Bücher 1951«, »Bücher des Friedenspreisträgers« (Romano Guardini), »Plakate des Buchhandels«.

Der Messesonntag wird zweifach zum Problem: Zum einen wird Kritik daran geübt, dass die Messe am Vormittag wegen der Veranstaltungen in der Paulskirche (Friedenspreisverleihung, Buchhändlertag) geschlossen bleibt, zum anderen wird die Zahl von 6 000 Besucher*innen am Nachmittag als »beängstigend« bezeichnet.

Das Bundeswirtschaftsministerium erklärt allerdings auf eine Anfrage des Börsenvereins wegen einer Fahrpreisermäßigung der Bundesbahn für Besucher*innen, dass die Buchmesse keine »allgemeine wirtschaftliche Bedeutung« habe.

Zahlen & Fakten

  • 22000

    Besucher*innen

  • 857

    Verlage

Drei Sonderausstellungen werden gezeigt:

  • »Die schönsten Bücher 1951«
  • »Bücher des Friedenspreisträgers« (Romano Guardini)
  • »Plakate des Buchhandels«

5. Frankfurter Buchmesse

24. bis 29. September

Die Internationalisierung wird bereits bei der Eröffnung sichtbar: neben dem Vorsteher Dr. Arthur Georgi und Bürgermeister Dr. Walter Leiske reden Vertreter aus zehn Nationen, unter ihnen der Präsident der Internationalen Verleger-Union, Sir Stanley Unwin. Er spricht davon, dass »aus der Leipziger Asche ein herrlicher Frankfurter Phönix gestiegen« sei. Den Wünschen vieler Aussteller entsprechend wird das Standangebot der Messe durch Doppelkojen erweitert.

Die Zahl der internationalen Aussteller ist erstmals größer als die der deutschen (505 zu 484). Eine besondere Werbung für die Messe bei den Verlagen erweist sich jetzt und in Zukunft als unnötig; sie wird jedoch beim Sortiment betrieben, dessen Besuch zwar steigt, aber dennoch unbefriedigend bleibt. Speziell für Sortimenter wird eine »Schaufensterstraße« aufgebaut und eine Ausstellung »Buchhändlerische Werbemittel« gezeigt. Die Vormittage bis 14 Uhr bleiben dem Fachpublikum vorbehalten; insgesamt kommen 32 000 zahlende Besucher*innen, die Zahl der Verlage (989) ist fast fünfmal höher als 1949. Neben den französischen Büchern gibt es Sonderausstellungen zu spanischen und englischen Büchern.

Zahlen & Fakten

  • 32000

    Besucher*innen

  • 989

    Verlage

  • 505

    internationale Aussteller

6. Frankfurter Buchmesse

23. bis 28. September

Bei der Messeeröffnung werden gleich 14 Grußworte gesprochen. Den Messebesucher*innen wird ein besonderer Theaterabend geboten. Durch Kälteeinbruch wird die Messe beeinträchtigt, insbesondere die Aussteller und Besucher*innen der Halle 7 sind betroffen. Als neues, in den folgenden Jahren immer wieder erfolglos behandeltes Problem erweist sich die Zulassung des Publikums. Einerseits soll es (zu bestimmten Zeiten) zur Messe kommen, andererseits kann es zum Störfaktor werden, insbesondere wenn durch unkontrollierte Kartenabgabe »Sehleute« zu Zeiten der Fachmesse Einlass finden.

7. Frankfurter Buchmesse

8. bis 13. Oktober

1.150 Verlage aus 22 Ländern zeigen 48 500 Titel; die Sowjetunion, Polen, Ungarn, Tschechoslowakei und Jugoslawien stellen erstmals auf der Frankfurter Buchmesse aus. Die DDR erscheint mit dem Kollektivstand »Bücher aus dem innerdeutschen Handel«. Ein neonazistischer Verlag wird während der ruhigen Mittagszeit von mehreren Ausstellern komplett aus der Ausstellungshalle entfernt. Eine Sonderausstellung ist den Büchern des Friedenspreisträgers Hermann Hesse gewidmet. Für die Sortimenter erscheint ein Spezial-Messekatalog mit größerem Durchschuss für Notizen.

Zahlen & Fakten

  • 48500

    Bücher

  • 1150

    Verlage

  • 22

    Länder

8. Frankfurter Buchmesse

8. bis 24. September

Bereits im Vorfeld wenden sich mehrere namhafte Persönlichkeiten des Buchhandels an den Vorstand des Börsenvereins mit der Forderung, keine neonazistischen Verlage mehr zuzulassen. Dieser »Appell zur Buchmesse« konnte zu keinem Erfolg führen, da die Messe nur solche Bücher ausschließen kann, gegen die ein rechtskräftiges Urteil vorliegt, sonst würde sie selbst Zensur ausüben. Der Bericht der Messeleitung spricht mit einer gewissen Sorge von der Zunahme der »Konkurrenzveranstaltungen« in Belgrad, Warschau und Leipzig. Gegenüber dem früher an erster Stelle stehenden Ordergeschäft nimmt die Wichtigkeit des internationalen Lizenzgeschäfts, des Übersetzungswesens und der Kooperationen zu. Nachdem für die ersten sieben Messen verschiedene Plakatmotive (und entsprechende Umschlaggestaltungen der Kataloge) benutzt worden sind, erscheint jetzt das »geflügelte Buch« (Entwurf Baum), das bis heute Symbol der Messe geblieben ist.

9. Frankfurter Buchmesse

5. bis 10. Oktober

Die VR China verweigert die Teilnahme an der Messe, da Tawain dort auch vertreten ist. Dr. Wilhelm Müller scheidet im Oktober des Jahres aus seinem Amt als Leiter des Messebüros aus und kehrt in seinen alten Beruf als Journalist zurück. Innerhalb der Messe wird eine Ausstellung »Deutsche Buchillustration der Gegenwart« gezeigt.

Die »Frankfurter Rundschau« berichtet am 7. Oktober:

»Man muss sich einmal vergegenwärtigen, dass es zur Zeit keine wirtschaftliche Veranstaltung auf dem Erdenrund gibt, die den ›Globus Literarum in ähnlicher Weise repräsentiert – diesen gespaltenen Globus, der hier in Frankfurt vorübergehend die Illusion der einen Welt‹ aufleben lässt. Friedlich stehen sich die beiden konträren Hälften an der Bücherfront gegenüber, der Westen und der Osten, während beide um die Wette im Hinterland interkontinentale Raketen verfeuern. An der Frankfurter Bücherfront gibt es kein Niemandsland zwischen den Gegnern, man ist aus den Gräben gestiegen, schüttelt sich ohne den Aufwand eines Diplomatenlächelns die Hände. Wie denn überhaupt der Gedanke nicht aufkommen kann, dass sich auf der Buchmesse Konkurrenzkämpfe abspielen, rivalisierende Firmen sich gegenseitig den Kunden abjagen. Ein äußeres Merkzeichen dafür ist im Gegensatz zu anderen Messen die traditionelle Uniformität der Stände…«.

10. Frankfurter Buchmesse

25. bis 30. September

Am 1. Januar 1958 übernimmt Sigfred Taubert die Leitung des Messebüros des Börsenvereins; er war vorher Pressechef und Verantwortlicher für Marktanalyse beim Börsenverein. Seitens der Aussteller und Besucher*innen werden Klagen über zu viele Sitzungen und sonstige Veranstaltungen während der Messe laut, die deren eigentlichem Sinn zuwiderliefen. 500 Journalisten verfolgen die Messe, bei der u. a. 700 ausländische Verlage aus 24 Ländern vertreten sind. Bei den Festansprachen zur 10. Frankfurter Buchmesse werden die allgemeinen Klagen einer Überproduktion im Buchbereich zurückgewiesen mit dem Hinweis, dass die Vielzahl der Produktion eine Uniformität verhindert. Als Vertreter der DDR warnt Klaus Gysi (seit 1957 Leiter des Aufbau Verlags, später Kulturminister) davor, dass der »deutsche Landser in allen Posen« auf einer »Vielzahl von Publikationen« vertreten sei.

Zahlen & Fakten

  • 700

    ausländische Verlage

  • 500

    Journalisten

  • 24

    Länder

11. Frankfurter Buchmesse

7. bis 12. Oktober

In über 4 000 Zeitungsartikeln von 600 akkreditierten Journalisten wird in aller Welt über die Messe berichtet, bei der 1 800 Verlage aus 34 Ländern etwa 70 000 Titel, darunter 20 000 Neuerscheinungen, vorstellen. Das personell angewachsene Messebüro des Börsenvereins bezieht neue Räume im Kleinen Hirschgraben. Auch die Messe erweitert sich wieder räumlich: Hinzugenommen wird der neu erbaute Annex zum Haus des Deutschen Kunsthandwerks, auch »Glaskasten« genannt. Die dort ausstellenden 20 Verlage erhalten neu entworfene Stände, die jedoch keinen Beifall finden. Erstmals werden neben den Büchern auch Sprechplatten präsentiert.

Zahlen & Fakten

  • 20000

    Neuerscheinungen

  • 70000

    Bücher

  • 1800

    Verlage

Chronik 1960-1969

12. Frankfurter Buchmesse

21. bis 26. September

Die Messehalle 5 wird mitbelegt. Die Erweiterung der Ausstellungsfläche beruht nicht nur auf der Zunahme der ausstellenden Verlage, sondern auch darauf, dass zunehmend Großstände (Doppelkojen) gewünscht werden. Erstmals wird in einer Doppelkoje eine kleine Sonderschau gezeigt, die sich im Laufe der nächsten Jahre zu einer wichtigen Einrichtung der Messe entwickelt: »Hilfsmittel für die buchhändlerische Praxis« (später: »Rationalisierung im Buchhandel«).

13. Frankfurter Buchmesse

18. bis 23. Oktober

Eine notwendig gewordene Erhöhung der Standgebühren und die Aufwertung der Mark lassen einen Rückgang der ausländischen Aussteller befürchten. Diese Sorge erweist sich jedoch als unbegründet. Die Ausstellungsfläche ist gegenüber der des Vorjahres um 25 Prozent gewachsen (gegenüber 1956 um 100 Prozent). Die Messe wird in die »Union des Foires Internationales« als Vollmitglied aufgenommen. Der traditionelle Empfang für die internationalen Delegationen wird erstmals gemeinsam von der Stadt Frankfurt und dem Börsenverein veranstaltet. Die Klagen über zu viele, im Grunde messefremde Veranstaltungen nehmen zu.

14. Frankfurter Buchmesse

20. bis 25. September

Die Diskussion um den festen Ladenpreis ist das Hauptthema der Messe. Rund 100 000 Besucher*innen finden sich in Frankfurt ein, um die etwa 20 000 Neuerscheinungen der 2 112 Aussteller aus 32 Ländern auf 22 000 qm zu besichtigen. Erstmals beteiligt sich auch Australien an der Messe; die Zahl der amerikanischen Aussteller beträgt 164. Der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels geht an den Theologen und Philosophen Paul Tillich, die Laudatio hält Otto Dibelius. Zehn maßgebliche Persönlichkeiten des polnischen Verlagswesens sind auf Einladung der Messe und Bonner Stellen Gäste der Messe.

Zahlen & Fakten

  • 100000

    Besucher*innen

  • 2112

    Aussteller

  • 32

    Länder

15. Frankfurter Buchmesse

9. bis 14. Oktober

Diese Buchmesse steht im Zeichen wirtschaftlicher Hochkonjunktur: Der westdeutsche Außenhandel erreicht mit Verlagserzeugnissen einen Rekordwert von 318 Millionen DM. Die Umsätze beim Sortimentsbuchhandel steigen um rund elf Prozent. Etwa 2 165 Verlage aus 36 Ländern beteiligen sich an der Buchmesse: An der Spitze der internationalen Verlage steht Großbritannien mit 223 ausstellenden Verlagen. Im Mittelpunkt der Pressekonferenz steht die Auseinandersetzung des Börsenvereins mit der geplanten Mehrwertsteuer. Der Börsenverein berichtet, dass die aufkommenden Taschenbücher mittlerweile fünf Prozent des Buchumsatzes ausmachen. Professor Carl Friedrich Freiherr von Weizsäcker bekommt den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels zugesprochen, Georg Picht hält die Laudatio

Zahlen & Fakten

  • Rekordwert von 318 Millionen DM mit Verlagserzeugnissen im westdeutschen Außenhandel
  • Umsätze beim Sortimentsbuchhandel steigen um rund elf Prozent
  • 2 165 Verlage aus 36 Ländern auf der Buchmesse
  • 223 ausstellende Verlage aus Großbritannien

16. Frankfurter Buchmesse

17. bis 22. September

Erneut sind erhebliche Änderungen in der Hallenbelegung notwendig; diese verursachen zwar immer wieder Aufregung und Unmut bei den betroffenen Ausstellern, erweisen sich bis auf wenige Ausnahmen aber als günstige Lösungen. Erstmals vermietet die Messe auch leere Standflächen (in den Ausmaßen der normalen vier Standtypen), auf denen die Aussteller Stände nach eigenen Vorstellungen aufbauen können.

Die »World Book Fair«, die im Juni in London stattgefunden hatte, gibt zwar Anlass zu Befürchtungen, die Beteiligung in Frankfurt ist jedoch wieder größer als im Vorjahr. Der Wunsch der Schallplattenindustrie, zugelassen zu werden, wird von der Messeleitung abgelehnt.

Die Ausstellungs- und Messe-GmbH des Börsenvereins (AuM) wird gegründet. Zuständig ist nunmehr allein der Aufsichtsrat der AuM anstelle der verschiedenen Gruppierungen, die bisher Einfluss nahmen.

​​​​​​​Sonderausstellungen widmen sich den Themen:

  • »Musterschaufenster«
  • »Schönste Bücher«
  • »Bücher des Friedenspreisträgers«
  • »Hilfsmittel für die buchhändlerische Praxis«
  • »Buchhändlerkataloge und Bücher-Zeitschriften«
  • »Buchhändlerische Fachliteratur«
  • »Auswahlverzeichnisse Öffentlicher Büchereien«

17. Frankfurter Buchmesse

13. bis 18. Oktober

Der wachsende Publikumsandrang stört mehr und mehr die zentrale Funktion der Messe: Rund 113 000 Besucher*innen (prominentester Gast ist Konrad Adenauer) besichtigen etwa 150 000 Bücher, die die 2 376 Aussteller aus 38 Ländern auf rund 28 000 qm Raum zeigen. Die Sondernummer des »Börsenblatt« ist 1 400 Seiten stark. Zur Eindämmung der zunehmenden Bücherdiebstähle wird die Verteilung von Tragetaschen als Werbemittel untersagt. Die Gruppe »Sprechplatten« zählt nur noch sechs Aussteller, nachdem sie 1963 mit 31 begonnen hatte. Die »Musterschaufenster« werden letztmals gezeigt. Nelly Sachs erhält den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, die Laudatio hält Werner Weber.

Zahlen & Fakten

  • 150000

    Bücher

  • 113000

    Besucher*innen

  • 2376

    Aussteller

  • 38

    Nationen

18. Frankfurter Buchmesse

22. bis 27. September

Die wachsende Internationalität der Messe bringt eine steigende Zahl von offiziellen Besucher*innen mit sich. So kann in diesem Jahr die Messeleitung den sowjetischen Botschafter Zarapkin begrüßen. Erstmals werden der Messe politische Demonstrationen angedroht: Die jugoslawischen Aussteller befürchten Aktionen von Exilkroaten, und eine »Aktion gezielte Demokratie« kündigt an, gegen Verleger »unliebsamer Autoren« vorzugehen.

In den Römerhallen wird gemeinsam vom Börsenverein und der Stadt Frankfurt ein »Frankfurter Abend« für die ausländischen Aussteller veranstaltet. Der Friedenspreis wird erstmals geteilt und geht an Augustin Kardinal Bea und Willem A. Visser't Hooft.

Der Friedenspreis wird erstmals geteilt und geht an:

  • Augustin Kardinal Bea
  • Willem A. Visser't Hooft

19. Frankfurter Buchmesse

12. bis 17. Oktober

Mit 2 871 Ausstellern, davon 2 031 ausländischen, und einer Ausstellungsfläche von 36 000 qm ist die Buchmesse 1967 die bis dahin größte Bücherschau seit Kriegsende; die Ausstellungsfläche war durch die Hinzunahme der neuen Halle 5 um 7 000 qm vergrößert worden; die traditionelle Halle 6 bleibt ausschließlich der Belletristik vorbehalten. Ein neues farbiges Leitsystem, das auch in den neu gestalteten Messekatalog übernommen wurde, erleichtert den Besucher*innen die Orientierung. Neues Standmaterial mit Normständen, Großständen A und B, Kojen und Doppelkojen, wird allgemein eingesetzt.

Fast 175 000 Besucher*innen begutachten die über 200 000 Titel und erleben ein Rekordjahr der internationalen Buchhandelsbranche.

Die zunehmenden Studentenproteste zeigen sich auch auf der Messe; Studierende und Buchhändler protestieren gemeinsam vor dem Stand griechischer Verleger gegen die Militärdiktatur in Griechenland, die im April 1967 an die Macht gelangt war. Zahlreiche Studierenden demonstrieren während der Messe gegen das Pressemonopol des Springer-Konzerns, um auf die Gefährdung der Meinungsfreiheit aufmerksam zu machen. Der Ruf »Enteignet Springer« hallt auch durch die Messehallen.

Zahlen & Fakten

  • 200000

    Buchtitel

  • 175000

    Besucher*innen

  • 2871

    Aussteller

20. Frankfurter Buchmesse

19. bis 24. September

Die innenpolitischen Kontroversen in der Bundesrepublik erreichen die Frankfurter Messe; Protest entzündet sich in erster Linie an der Vergabe des Friedenspreises an den senegalesischen Staatspräsidenten Léopold Sédar Senghor. Als Mittler zwischen afrikanischer und europäischer Kultur ausgezeichnet, wurde er von der Gegenöffentlichkeit als »faschistischer Diktator« eingeschätzt. Auf der Messe selbst kommt es zu Protesten bei der Pressekonferenz von CSU-Finanzminister Franz Josef Strauß am Stand des Seewald Verlages.

Am Messesamstag riegelt auf Veranlassung der Messeleitung die Polizei die gesamte Halle 6 ab, um ein Teach-in zu verhindern.

Höhepunkt der Proteste sind die Demonstrationen am Sonntagmorgen vor der Paulskirche, die die Messeleitung veranlassen, am Sonntagnachmittag die Öffentlichkeit von der Messe auszuschließen. Einige Verlage (Luchterhand, Wagenbach, Verlag Neue Kritik) schließen aus Protest ihre Stände. In der Folge wird überlegt, die Messe als reine Handelsmesse unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu führen. Letztendlich einigt man sich aber darauf, wie bisher morgens Fachbesucher*innen, nachmittags das allgemeine Publikum zuzulassen.

21. Frankfurter Buchmesse

8. bis 13. Oktober

Erstmals konstituiert sich ein Messerat, der die Interessen der Messeöffentlichkeit vertreten und eine Gegenöffentlichkeit herstellen soll. Wesentliche Forderungen sind ein garantiertes Recht auf Meinungsfreiheit, kein Demonstrationsverbot und keine Polizeistationierung auf dem Messegelände. Der Rowohlt Verlag bleibt der Messe fern, weil er größere Demonstrationen wegen seiner Zusammenarbeit mit dem Bonner Verteidigungsministerium befürchtet. In der Paulskirche wird der Friedenspreis an Alexander Mitscherlich verliehen.

Chronik 1970-1979

22. Frankfurter Buchmesse

24. bis 29. September

Die Frankfurter Buchmesse 1970 steht nicht mehr im Zeichen von Studentenunruhen. Es kommt lediglich zu einigen Demonstrationen gegen die von der griechischen Regierung zu Propagandazwecken missbrauchten Stände. Pünktlich zur Messe tritt die DDR der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums und dem Stockholmer Protokoll bei.

Zehn religiöse Verlage schließen sich zusammen, die bekanntesten unter ihnen sind der Don Bosco Verlag aus München, der Driewer Verlag aus Essen und das Katholische Bibelwerk aus Stuttgart. Ziel dieser Fusion ist es, eine Themenkoordination von Planung und Produktion zu erreichen und gemeinsame Werbeaktionen zu starten. Der neugegründete österreichische Aktuell Verlag stellt sich mit einer Dokumentation über weltweite Jugendkriminalität vor. Insgesamt sind 3 384 Aussteller aus 66 Ländern auf einer Ausstellungsfläche von 39 000 qm sechs Tage lang präsent. Die 113 069 Besucher*innen nutzen die Chance, rund 213 000 Bücher zu prüfen.

Den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels bekommt zum ersten Mal ein Ehepaar: Alva und Gunnar Myrdal, Sozial- und Politikwissenschaftler.

Zahlen & Fakten

  • 213000

    Bücher

  • 113069

    Besucher*innen

  • 3384

    Aussteller

23. Frankfurter Buchmesse

14. bis 19. Oktober

Die dieslährige Buchmesse wird einhellig als eine der besten Messen seit vielen Jahren bewertet. Während der Messe besuchen 121 227 Interessierte in den sechs Tagen die aus 58 Ländern kommenden 3 561 Aussteller und begutachten rund 241 000 Bücher (darunter 78 000 Neuerscheinungen). Zum neuen Vorsteher des Börsenvereins wird der Verleger Dr. h.c. Ernst Klett gewählt. Der Verleger-Ausschuss und der Verband deutscher Schriftsteller postulieren gemeinsam eine Beteiligung der Verlage an der Altersversorgung der Autoren. Der Messerat fordert einen Stand für unterdrückte Autoren.

Der tschechische Exilverlag CCC Books GmbH stellt sich auf der Messe vor, und der Diederichs Verlag feiert sein 75-jähriges Bestehen. Eine Protestaktion findet während der Messevollversammlung gegen die Unterdrückungen im Iran statt. Die Publizistin Marion Gräfin Dönhoff bekommt den diesjährigen Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, Alfred Grosser hält die Laudatio. Erstmals veranstaltet die Stadt Frankfurt ein Rahmenprogramm, um die Messe kulturell zu begleiten, doch das damit verbundene Verkehrschaos um das Gelände der Messe wird als katastrophal bewertet.

Zahlen & Fakten

  • 241000

    Bücher

  • 121227

    Besucher*innen

  • 3561

    Aussteller

24. Frankfurter Buchmesse

28. September bis 3. Oktober

Der Messerat löst sich nach einer Auseinandersetzung über die Anwesenheit nazistischer Verlage auf, da insbesondere die Anwesenheit des K. W. Schütz Verlages als Provokation angesehen wird. Die Messe ist aber gut besucht: 122 713 Besucher*innen sehen sich in fünfeinhalb Tagen auf über 43 500 qm Ausstellungsfläche die 247 000 gezeigten Titel an, die die 3 683 Aussteller aus 57 Ländern mitbrachten. Unter anderem ist die Sonderausstellung »Books about Books« zu sehen.

Überschattet wird die Messe durch ein hohes Polizeiaufgebot, da nur wenige Wochen vorher bei den Olympischen Spielen in München ein terroristischer Anschlag auf die israelische Nationalequipe ausgeübt worden war. Das Verkehrschaos nimmt »alptraumhafte Zustände« an, so dass der Vorsteher des Börsenvereins, Ernst Klett, einen Aufruf an den Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt richtet, diese Zustände zu ändern.

Den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhält in diesem Jahr postum Janusz Korczak, die Laudatio hält Hartmut von Hentig.

Zahlen & Fakten

  • 247000

    Bücher

  • 122713

    Besucher*innen

  • 3683

    Aussteller

25. Frankfurter Buchmesse

11. bis 16. Oktober

Zur 25. Frankfurter Buchmesse erscheint erstmals eine mehrsprachige Ausgabe des »Börsenblatt« (81/73) mit grundlegenden Beiträgen zur Geschichte der alten wie der neuen Messe und zahlreichen Glückwünschen von Persönlichkeiten des internationalen Buchhandels. 64 Verlage, die von der ersten bis zur 25. Buchmesse dabei waren, erhalten eine Ehrung der Messeleitung. Beim internationalen Abend im Historischen Museum wird eine Gedenkmünze verteilt. Die Stadt- und Universitätsbibliothek präsentiert eine Ausstellung »Tradition seit Jahrhunderten. 25. moderne Frankfurter Buchmesse«. 

Zum ersten Mal wird das Informationszentrum Börsenverein eingerichtet – von Anfang an ein großer Erfolg. Es wird nicht allein vom bundesdeutschen Buchhandel sofort angenommen, sondern entwickelt sich zum allgemeinen Informationszentrum und zur Anlaufstelle für die verschiedensten Fragesteller. Der Messebericht spricht von einer »bemerkenswerten Steigerung der Besucher*innenzahlen«, auch und vor allem der Fachbesucher*innen.

Die wegen des kurz zuvor ausgebrochenen Krieges in Nahost befürchteten Störungen bleiben aus, obwohl beide Kontrahenten auf der Messe vertreten sind. Der Friedenspreis geht an den Club of Rome.

26. Frankfurter Buchmesse

10. bis 15. Oktober

Bei der Eröffnung wird der Geschäftsführer der AuM und Messedirektor, Sigfred Taubert, vom Vorsteher Ernst Klett verabschiedet und mit der Plakette »Dem Förderer des deutschen Buches« ausgezeichnet. Taubert tritt Ende des Jahres in den Ruhestand. Die Eröffnungsrede der Publizistin Elisabeth Noelle-Neumann zum Thema »Leseglück« wird vielfältig als zu vordergründig kritisiert. Die mehr als 120 000 Besucher*innen, unter ihnen Bundespräsident Walter Scheel, können in diesem Jahr unter anderem die Sonderausstellungen »Jan Tschichold« und »Ausgezeichnete Schulbücher 1959 bis 1973« besichtigen. Trotz zunehmender Gewinne kündigen die Verlage eine Verteuerung der Bücher an.

Der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels geht in diesem Jahr an Frère Roger, Prior von Taizé.

Während der Messe gibt eine anwesende sowjetische Delegation bekannt, dass die Verlage der UdSSR aktiv an der Internationalen Verlagskooperation (International Library) teilnehmen werden.

27. Frankfurter Buchmesse

9. bis 14. Oktober

Peter Weidhaas wird als Nachfolger von Sigfred Taubert Geschäftsführer der Ausstellungs- und Messe-GmbH und Direktor der Messe. Nach 17 Jahren stellt die VR China erstmals wieder aus. Zu dem von der UNO proklamierten »Jahr der Frau« wird eine vom Ausstellungsreferat der AuM zusammengestellte, vom Auswärtigen Amt der Bundesregierung finanzierte Sonderausstellung »Die Frau« gezeigt (vorher in Rom und Neapel, mit eigenem Ausstellungskatalog).

Die Messe veröffentlicht ein Informationsblatt im Zeitungsstil: »Willkommen in der Buchmesse-Stadt« (in deutsch und englisch), das großen Anklang findet. Zwischen dem Frankfurter Flughafen und dem Messegelände wird eine Hubschrauberverbindung eingerichtet.

Das »Börsenblatt« erscheint an fünf Messetagen mit einem »Börsenblatt Extra« – wichtige Trends und Meldungen vom Tage (bis 1985). Ähnliches unternimmt der Harenberg Verlag (Buchreport) mit den »Messe-News«. Demonstrationen finden am Stand Spaniens statt, maoistische Gruppen demonstrieren am Stand der UdSSR.

Im neu eingerichteten Pressezentrum werden 2 300 Journalisten registriert; die Auswertung des Presseechos ergibt, dass 70 Prozent aller Veröffentlichungen die Belletristik betreffen und damit nur einen relativ geringen Teil der ausstellenden Verlage. Der mehr als drei Viertel der Messe einnehmende ausländische Buchhandel wird nur in neun Prozent der Berichte berücksichtigt. Die Bereiche wissenschaftliche Literatur, Kinderbuch, Kunst und Religion werden fast ausschließlich in den entsprechenden Fachblättern gewürdigt.

28. Frankfurter Buchmesse

16. bis 21. September

Erstmals steht die Messe unter einem Schwerpunktthema – eine Idee der neuen Messeleitung, die die Bedeutung der Messe über den geschäftlichen Bereich hinausheben soll. Das Thema ist »Lateinamerika«;

  • Sonderausstellungen und zahlreiche Veranstaltungen auf der Messe und im Stadtbereich beziehen sich auf die lateinamerikanische Literatur und Kultur.
  • Der Erfolg schlägt sich in der ausführlichen Presseberichterstattung nieder.
  • Das »Börsenblatt« begleitet das Thema (wie auch in den kommenden Jahren) mit einem Themenheft.​​

Das Ausstellungsgelände wird neu gegliedert, die belletristischen- und Sachbuchverlage einerseits und die wissenschaftlichen Verlage andererseits finden sich in konzentrierten Blöcken. Zusammen mit einem Leitsystem macht dies die Messe übersichtlicher.

Erstmals wird eine Zeitschriftenausstellung gezeigt, veranstaltet von der Arbeitsgemeinschaft der Zeitschriftenverleger im Börsenverein.

29. Frankfurter Buchmesse

12. bis 17. Oktober

Das »International Booksellers Center« wird von der AuM eingerichtet, in dem sich die Messebesucher*innen des verbreitenden Buchhandels treffen und austauschen können. Unter den Ausstellern sind in diesem Jahr elf israelische Verlage. Der Springer Verlag stellt erstmals sein neues Projekt vor: die »Springer International Student Edition«. In diesem Projekt werden deutsche Schulbücher in die englische Sprache übersetzt und in einem Land der Dritten Welt hergestellt, gedruckt und verkauft. Die Verlage Klett und Thienemann beschließen, gemeinsam an einem Projekt »Schulbuch« für die Grundschule und die Sekundarstufe I zu arbeiten.

Nachdem einige Autoren (namentlich Günter Grass, Heinrich Böll und Luise Rinser) als Sympathisanten terroristischer Gruppen diffamiert worden waren, solidarisieren sich namhafte Verlage (unter ihnen Suhrkamp, S. Fischer, Luchterhand und Rowohlt) mit ihnen und geben eine Solidaritätserklärung ab. Die Besucher*innen der Buchmesse können in diesem Jahr etwa 280 000 Buchtitel besichtigen. Den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhält der Philosoph Leszek Kolakowski.

Die »Arbeitsgemeinschaft Alternativer Verlage und Autoren« (AGAV) lädt zur gut besuchten  »Gegenbuchmesse« ins Theater am Turm ein.

30. Frankfurter Buchmesse

18. bis 23. Oktober

Mehr als 200 000 Interessierte besuchen die 5 098 Verlage aus 87 Ländern; rund 280 000 Titel können angesehen, angelesen und geordert werden. Der zweite Themenschwerpunkt »Kinder- und Jugendliteratur« dominiert eindeutig die 1978er Messe. Ca. 140 Verlage stellen Kinder- und Jugendbücher aus, 35 Veranstaltungen auf dem Messegelände und im Großraum Frankfurt nehmen das Thema auf, drei Ausstellungen widmen sich dem internationalen Jugendbuch und der Darstellung der Dritten Welt im Jugendbuch; mit der Verleihung des Jugendbuchpreises wird die Messe am 17. Oktober eröffnet, und schließlich erhält die schwedische Kinderbuchautorin Astrid Lindgren den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.

Das Forum »Die Dritte Welt im deutschen Kinderbuch 1967 bis 1977« erregt international Aufsehen, führt auch zu deutlichen Bewusstseinsveränderungen bei verschiedenen ausstellenden Verlagen. Es wird deutlich, dass ein Messethema neue Ideen und kritische Denkanstöße zu geben in der Lage ist.

Zahlen & Fakten

  • 280000

    Bücher

  • 200000

    Besucher*innen

  • 5098

    Verlage

31. Frankfurter Buchmesse

10. bis 15. Oktober

Die Organisation stößt an ihre Grenzen; der Diogenes Verlag boykottiert daher die Buchmesse aufgrund ihrer »Gigantonomie«. 5 045 Verlage aus 80 Nationen zeigen 194 000 Besucher*innen ihre Titel; die »Neuen Medien« (vor allem Btx) nehmen einen immer größeren Platz ein.

An der dritten Frankfurter Gegenbuchmesse beteiligen sich 86 Verlage (zwölf davon sind auch bei der Buchmesse vertreten). 

Das Zentrum für Bibliothekare und Dokumentare, in dem eine Ausstellung bibliothekarischer Fachliteratur gezeigt wird, wird als neues Fachzentrum eingerichtet und sehr gut angenommen.

Zahlen & Fakten

  • 194000

    Besucher*innen

  • 5045

    Verlage

  • 80

    Nationen

Chronik 1980-1989

32. Frankfurter Buchmesse

8. bis 13. Oktober

Das Schwerpunktthema Subsahara-Afrika bestimmt das kulturelle Rahmenprogramm, den Internationalen Abend in der Kongresshalle und auch die politische Öffentlichkeit, da vor dem Stand von Südafrika Demonstrationen durchgeführt werden. Die Messeausgabe des »Börsenblatt Extra International« erscheint in vier Ausgaben dreisprachig; als Herausgeber fungiert nicht nur die »Börsenblatt«-Redaktion, sondern auch die amerikanische Verlagsgruppe Macmillan.

Als neue Sonderausstellung wird die »Deutsche Einblattkunst der Gegenwart« gezeigt. 187 000 Besucher*innen schauen sich die 280 000 Titel mit etwa 84 000 Neuerscheinungen an, die 5 100 Verlage aus 92 Ländern zu bieten haben. Die Medienvertreter bemängeln die sinkende Qualität der Literatur bei zunehmender »Bücherflut«.

Zahlen & Fakten

  • 280000

    Bücher

  • 187000

    Besucher*innen

  • 5100

    Verlage

33. Frankfurter Buchmesse

14. bis 19. Oktober

Die Besucher*innenzahl geht auf 175 000 zurück, doch finden sich erheblich mehr Fachbesucher*innen ein, die die 280 000 Titel von 5 100 Verlagen aus 86 Ländern kritisch sichten können. Um das Klima noch weiter zu verbessern, wird ein »Sortimenterschiff« auf dem Main angemietet, das für Abendveranstaltungen dient.

Verschiedene »Zentren« dienen als Diskussionsforen:

  • das »Dritte-Welt-Zentrum«,
  • die Deutsche Lesegesellschaft und
  • die Interessenvertretungen der religiösen Verlage, Schulbuchverlage und Kinderbuchverlage.

Der Messerat braucht lediglich zu seiner konstituierenden Sitzung zusammenzukommen, da die Messe friedlich verläuft.

Zum fünften Mal findet die Gegenbuchmesse statt; die 130 Aussteller ziehen »aus Platzgründen« nach Oberursel im Taunus um und werden dort von 8 000 Besuchern aufgesucht. Der Friedenspreis geht an Lew Kopelew, die Laudatio hält Marion Gräfin Dönhoff.

Zahlen & Fakten

  • 280000

    Bücher

  • 175000

    Besucher*innen

  • 5100

    Verlage

34. Frankfurter Buchmesse

6. bis 11. Oktober

Das Schwerpunktthema ist »Religion von gestern in der Welt von heute«, das besonders in drei großen Buchausstellungen zum Thema und unter dem Leitgedanken »Weltreligionen« und »Bücher über den Frieden« zusammengestellt wird; ca. 130 Veranstaltungen zur Thematik bestimmen das kulturelle Rahmenprogramm. Nicht nur aus diesem Grunde zählt das Pressebüro 5 550 akkreditierte Journalisten, darunter 18 Fernsehteams. 104 literarische Agenten sind auf der Messe angemeldet, es zeigt sich damit eine zunehmende Entwicklung hin zur Lizenzmesse. Zu den besonderen Veranstaltungen gehörte die Jubiläumsfeier zu 30 Jahre Fischer Taschenbuch.

Immerhin 14 000 Besucher*innen interessieren sich für die 10 000 Titel bei der Gegenbuchmesse in Oberursel, die von etwa 200 Verlagen präsentiert werden.

Zahlen & Fakten

  • 5550

    akkreditierte Journalisten

  • 18

    Fernsehteams

  • 104

    literarische Agenten

35. Frankfurter Buchmesse

12. bis 17. Oktober

Zwei wesentliche Entwicklungstendenzen der Frankfurter Buchmesse sind in diesem Jahr noch deutlicher als sonst abzusehen, zum einen die »Plattform für weltweite Kommunikation« und zum anderen die bewusste Internationalität, die sich auch in der deutlichen Unterstützung von Vertretern des Verlagswesens aus den Ländern der Dritten Welt bzw. der Schwellenländer zeigt.

Der Rechtehandel bestimmt zunehmend das Messegeschehen, das Literary Agents Centre wird zu einer Börse geplanter Bestseller und internationaler Vermarktung. Im Sortimenterzentrum wird eine Sonderschau »Buchhändlerische Fachliteratur / Buchhändlerkataloge« bei regem Publikumsinteresse gezeigt.

Die Gegenbuchmesse verzeichnet 135 Verlage; zahlreiche kleinere Verlage wenden sich wieder verstärkt der Messe zu, obwohl insgesamt die Ausstellungsfläche verkleinert wurde. 5 950 Aussteller präsentieren dort Bücher aus 77 Ländern.

36. Frankfurter Buchmesse

9. bis 14. Oktober

Das gewählte Thema »Orwell 2000« erweist sich als wenig zugkräftig. Gegen Ende des Jahres 1984 ist die zukunftsbedrohende Perspektive bereits vielfältig abgefeiert worden, sie kann trotz eines reichen Kulturprogrammes nur noch wenig Interesse hervorrufen. Das Thema erweist sich als zu stromlinienförmig, um das gewünschte Interesse gerade bei den Medien zu finden.

Wie im Vorjahr werden nun auch neue Medien, Hersteller von Ton-, Bild- und Datenträgern, zugelassen, sofern sie über den Buchhandel vertrieben werden. Im Sortimenterzentrum wird eine Ausstellung »Mikrocomputer« gezeigt; bei der Ausstellung »Buchhändlerische Fachliteratur« wird diesem Thema ebenfalls besondere Aufmerksamkeit geschenkt.

Die Messe findet in den Hallen 3 bis 7 statt; dies bedeutet eine Erweiterung der Ausstellungsfläche um gut 17 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Kleinverlage finden den Weg auf die Buchmesse zurück, von der Messeleitung durch die Einrichtung von Gemeinschaftsständen gefördert. 120 Verlage beteiligen sich aber noch an der Gegenbuchmesse in Sachsenhausen.

37. Frankfurter Buchmesse

9. bis 14. Oktober

Eine Gegenbuchmesse findet nicht mehr statt; die Integration zahlreicher Kleinverlage ist gelungen. Leseförderung und Literaturvermittlung werden in einem eigenen Zelt-Zentrum auf dem Messegelände besonders betont. 6 635 Aussteller aus insgesamt 77 Ländern sind vertreten, drei Viertel der ausstellenden Verlage stammen aus Europa.

Der Internationale Abend wird auf dem Messegelände im Foyer der Halle 4 veranstaltet. Der Messekatalog wird erstmalig auf EDV-Grundlage erstellt; das »Börsenblatt Extra« erscheint letztmalig und in nur noch zwei Ausgaben. Unter den 320 000 gezeigten Titeln befinden sich etwa 92 000 Neuerscheinungen; es wird zur allgemeinen Verwunderung registriert, dass sich die neuen privaten Fernsehanstalten auf der Messe noch nicht zeigen, obwohl verschiedene Verlage an ihnen finanziell beteiligt sind.

Zahlen & Fakten

  • 320000

    Bücher

  • 92000

    Neuerscheinungen

  • 6635

    Verlage

  • 77

    Nationen

38. Frankfurter Buchmesse

1. bis 6. Oktober

Das Schwerpunktthema »Indien – Wandel in Tradition« findet durch drei gestaffelte Ausstellungen internationales Ansehen, einmal eine Schau historischer Bücher »Indische Welt« aus der Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel, zum anderen die »Books on India« und »Printed and Published in India«.

Die dritte Standgeneration mit einer Gesamtinvestition von 24 Millionen DM wird bei dieser Messe präsentiert.

Sortimenter organisieren zunehmend Busreisen zur Messe für interessierte Kunden, denen sie in nicht seltenen Fällen die Eintrittskarten zur Verfügung stellen.

Ausstellungen

  • »Indische Welt«
  • »Books on India«
  • »Printed and Published in India«

39. Frankfurter Buchmesse

7. bis 12. Oktober

Die Bundesbahn hat ihre Einstellung aus dem Jahre 1952 revidiert, etwa 3 000 Personen machen Gebrauch von der Fahrpreisermäßigung der Bundesbahn zum Besuch der Messe.

Erstmals wird das International Rights Directors Meeting aus 26 Ländern veranstaltet, an dem am Vorabend der Messe 310 Interessierte teilnehmen. Es zeigt sich immer mehr, dass der internationale Rechte- und Lizenzhandel zum Kern der Frankfurter Messe wird. 7191 Aussteller aus 90 Ländern zeigen rund 320 000 Titel, darunter etwa 92 000 Neuerscheinungen, die von 190 000 Besucher*innen begutachtet werden. 8 000 akkreditierte Journalisten werden verzeichnet. Das Zentrum »Leseförderung« findet wiederum unter seinem Motto »Auf der Suche nach den neuen Lesern« erheblichen Zulauf, auch die Zeitschriftenausstellung mit mehr als 2 700 Titeln (wobei dort eine erhebliche Diebstahlquote zu verzeichnen ist).

Zahlen & Fakten

  • 320000

    Bücher

  • 190000

    Besucher*innen

  • 8000

    Journalisten

  • 7191

    Aussteller

40. Frankfurter Buchmesse

5. bis 10. Oktober

Die Messeleitung führt eine neue Form der Schwerpunktthemen ein, die Länderschwerpunkte, die von nun an in jedem Jahr angestrebt werden. Die Länder sollen geworben werden, auf ihre Kosten für eine Selbstdarstellung zu sorgen, wobei auch die Eröffnungsveranstaltung dem Gastland gewidmet ist: Der italienische Außenminister Giulio Andreotti spricht daher bei der Eröffnung.

Den Besucherströmen hofft man entgegenwirken zu können, da nun an den ersten zwei Tagen nur Fachbesucher zugelassen werden.

Die 40. Frankfurter Messe wäre beinahe die letzte in Frankfurt gewesen, da wegen erheblicher Mietpreissteigerungen der Messe GmbH die entsprechenden Standpreise für Kleinverlage und viele ausländische Verleger praktisch unbezahlbar gewesen wären. Messeleitung und Börsenverein können jedoch noch rechtzeitig einen Kompromiss erreichen. So wird es möglich, dass 7 456 Aussteller aus 92 Ländern auf der wiederum erweiterten Ausstellungsfläche von über 100 000 qm ihre Bücher zeigen.

Zahlen & Fakten

  • 7456

    Aussteller

  • 92

    Nationen

41. Frankfurter Buchmesse

11. bis 16. Oktober

220 000 Besucher*innen sehen die Angebote von 8 000 Ausstellern aus 90 Ländern; zum Schwerpunktthema ist Frankreich gewählt worden, eine Zeitschriftenkooperation zwischen »Le Monde« und »Die Zeit« sorgt für die publizistische Begleitung, doch wird der nüchterne Ausstellungspavillon vom Publikum nicht recht angenommen. Ein anderes Thema beherrscht alle Gespräche in und um die Messe, die dramatischen Entwicklungen in Osteuropa und vor allen Dingen in der DDR. Letztmalig wird allerdings auch diese Messe vom Eisernen Vorhang überschattet, da Václav Havel als Friedenspreisträger kein Ausreisevisum erhält. Die Laudatio hält der französische Philosoph André Glucksmann, die Dankesrede von Havel verliest Maximilian Schell. Havel stiftet sein Preisgeld für die Gründung des Projekts Atlantis; dieser Verein setzt sich für die freie Verlagstätigkeit in Osteuropa ein.

Die Messe wird überschattet von den Drohungen gegen die Verleger von Salman Rushdies »Satanischen Versen« und dem Ausschluss des Ausstellerlandes Iran. Die Sicherheitsmaßnahmen verschlingen 750 000 DM; es wird aber auch in der Wirtschaftsbilanz ein deutlicher Anstieg der Fachbesucherzahlen und eine starke Ordertätigkeit des Sortimentes festgehalten.

Wirtschaftlich sei es die beste Messe seit Jahren gewesen, vermelden die Schlusskommuniqués.

Zahlen & Fakten

  • 220000

    Besucher*innen

  • 8000

    Aussteller

  • 90

    Nationen

Chronik 1990-1999

42. Frankfurter Buchmesse

3. bis 8. Oktober

Die Eröffnung der 42. Buchmesse fällt mit dem Tag der Deutschen Einheit zusammen. Die Internationalität dominiert jedoch wie stets das Messegeschehen: 8 492 Aussteller aus 90 Ländern stellen 382 000 Titel vor, darunter 114 000 Neuerscheinungen, und dies auf einer wiederum deutlich vergrößerten Ausstellungsfläche von 131 000 qm; japanische Verlage stellen in ihrem Schwerpunktbereich 10 000 Titel vor.

Die Trennung der Messe in einen Publikums- und einen Fachbesucherbereich sowie die Neuaufteilung der Hallen stößt – wie stets – nicht sogleich auf Begeisterung. Dadurch wird aber mehr Platz und Gestaltungsmöglichkeit geschaffen. Der Friedenspreis geht an Karl Dedecius, die Stiftung Lesen konstituiert sich auf dieser Buchmesse.

Zahlen & Fakten

  • 382000

    Bücher

  • 8492

    Aussteller

  • 90

    Nationen

43. Frankfurter Buchmesse

9. bis 14. Oktober 1991

Aus den Erfahrungen des Vorjahres hat man gelernt und reduziert die Ausstellungsfläche auf ca. 126 000 qm, um der Forderung der Fachbesucher nach einer Messe der »kurzen Wege« entgegenzukommen. Es werden etwa zehn Prozent weniger Titel gezeigt, mit 255 000 Besucher*innenn wird dagegen ein neuer Besucherrekord erreicht. 301 Aussteller aus Spanien zeigen im Schwerpunktthema über 15 000 Titel ihrer Verlagsproduktionen, die iranischen Verlage bleiben wegen der Morddrohung gegen Rushdie weiterhin ausgeschlossen.

Den Friedenspreis erhält György Konrád, die Laudatio hält Jorge Semprún. Das Lesezelt zwischen den Hallen wird sehr gut angenommen; über 60 Autor*innen lesen darin aus ihren Werken.

44. Frankfurter Buchmesse

30. September bis 5. Oktober

Die Veränderungen in Europa zeigen auch bei der 44. Buchmesse Wirkung: aus Osteuropa beteiligen sich 530 Aussteller aus 17 Staaten. In Halle 3 wird ein eigenes Ost-West-Zentrum eingerichtet. Der 500-Jahrfeier der Entdeckung Amerikas widmet sich die Buchmesse mit einem besonderen Akzent; Mexiko wird zum Schwerpunktland erwählt.

Der diesjährige Friedenspreis geht an Amos Oz, die Laudatio hält Siegfried Lenz. Ein leichter Besucherrückgang und ein ebenso leichter Rückgang bei den Ausstellerzahlen wird in der Abschlussbesprechung nicht als ein Zeichen einer generellen Krise des Buches angesehen; die vereinbarten Umsätze übertreffen alle Erwartungen.

Positiver Trend aus Osteuropa

  • 530 Aussteller aus 17 Nationen
  • eigenes Ost-West-Zentrum auf der Messe

45. Frankfurter Buchmesse

6. bis 11. Oktober

Drei bemerkenswerte Ereignisse zeichnen diese Messe aus:

  • Frankfurt goes Electronic,
  • der beeindruckende Themenschwerpunkt »Flandern und die Niederlande« sowie
  • die Verleihung des Friedenspreises an einen der Vorkämpfer der friedlichen Revolution in der DDR, den Pfarrer und Schriftsteller Friedrich Schorlemmer;

die Laudatio hält Bundespräsident Richard von Weizsäcker. Beide berufen sich auf die Grundwerte des Christentums und loben das mutige Engagement der Bürger*innen als die Eckpfeiler einer künftigen deutschen Demokratie.

Zum ersten Mal wird ein Sprachraum zu einem Themenschwerpunkt erwählt; die Kronprinzen von Belgien und den Niederlanden eröffnen den gemeinsamen, von Publikum und Kritik sehr gut angenommenen Pavillon; die niederländische Literatur und ihre Übersetzung ins Deutsche erlebt danach eine merkliche Blüte. Die neue Halle mit Electronic Publishing, 160 Aussteller aus 14 Ländern, ist das einhellige Topthema dieser Messe. Politik, Wirtschaft und Feuilleton diskutieren den Mut der Messeleitung, wägen die Zukunft des Buches, prophezeien sein Ende, gleichzeitig aber neue Umsatzmöglichkeiten des Handels.

46. Frankfurter Buchmesse

5. bis 10. Oktober

Ein Höhenflug an Besucher*innenzahlen und Ausstellern mit jeweils zweistelligen Zuwachszahlen begeistert den Handel. Knapp 300 000 Besucher*innen interessieren sich für die 8 628 Aussteller mit etwa 322 000 Titeln. Sowohl aus Deutschland als auch gerade aus den osteuropäischen Ländern finden zahlreiche neue Aussteller den Weg nach Frankfurt.

Über 100 000 Besucher*innen zählt die Halle Elektronische Medien, die in diesem Jahr bereits ganz selbstverständlich in das allgemeine Verkaufsangebot integriert ist. Auch der Messekatalog erscheint erstmals auf einer CD-ROM. Der Länderschwerpunkt Brasilien ermöglicht eine Vermittlung brasilianischer Literatur und Kultur, 67 brasilianische Autor*innen lesen aus ihren Werken; Konzeption und Organisation dieses Länderschwerpunkts werden jedoch in der Kritik immer wieder bemängelt.

Zahlen & Fakten

  • 322000

    Bücher

  • 300000

    Besucher*innen

  • 8628

    Aussteller

47. Frankfurter Buchmesse

10. bis 16. Oktober

Ein Sechstel der Aussteller, d. h. 1 300, bieten elektronische Medien an; CD-ROMs finden sich nun nicht nur in der speziellen Halle für Elektronische Medien, sondern häufig auch an den Buchständen als Ergänzung des Buchangebotes. 320 000 Besucher*innen fühlen sich sowohl von dem Angebot der 330 000 Titel als auch vom Themenschwerpunkt Österreich angezogen. Die lichte Gestaltung des Österreich-Pavillons zwischen den Messehallen findet allgemein große Zustimmung; die Diskussion über die Gemeinsamkeiten bzw. spezifischen Besonderheiten der österreichischen Literatur im Kreis der deutschsprachigen Länder fesselt die Feuilletons. In Halle 3 wird ein Nord-Süd-Treffpunkt neu eingerichtet.

Die Verleihung des Friedenspreises an die Islamforscherin Annemarie Schimmel führt im Vorfeld der Verleihung zu einer höchst kontrovers geführten Diskussion; 26 Verleger*innen und Buchhändler*innen verfassen einen Protestbrief an den Börsenverein mit der Forderung, den Friedenspreis auszusetzen. Die Laudatio von Bundespräsident Roman Herzog und die vermittelnden Worte des Vorstehers Gerhard Kurtze ermöglichen jedoch eine angemessene Preisverleihung und lassen die Proteste bald verstummen.

Zahlen & Fakten

  • 330000

    Bücher

  • 320000

    Besucher*innen

48. Frankfurter Buchmesse

2. bis 7. Oktober

1 500 Firmen aus 52 Ländern bieten nun multimediale Produkte an. Die Zunahme neuer Ausstellungshallen und die Erweiterung der Fläche auf 180 000 qm (ein Zuwachs von 40 Prozent) findet nicht die Billigung der Aussteller, da nun wiederum eine »Messe der langen Wege« geschaffen worden sei, die gerade die internationalen Verlage psychologisch an den Rand dränge.

Der Themenschwerpunkt Irland dominiert mit 1 100 Veranstaltungen die Messe in allen kulturellen und wirtschaftlichen Fragen; die Aufnahme irischer Literatur in Original und Übersetzungen rechtfertigt überdeutlich die Wahl dieses Länderschwerpunktes.

Den Friedenspreis erhält Mario Vargas Llosa, die Laudatio hält Jorge Semprún. In einer »Frankfurter Erklärung zur Rechtschreibreform« fordern namhafte Autor*innen, Wissenschaftler*innen, Verleger*innen und Publizist*innen einen sofortigen Stopp der neuen Regeln; die Diskussion um das Net-Book-Agreement in Großbritannien führt zu einer heftigen Debatte um die Fragen der Preisbindung auf der Messe.

49. Frankfurter Buchmesse

15. bis 20. Oktober

Bei der Eröffnung der 49. Buchmesse befürwortet EU-Kommissionspräsident Jacques Santer die grenzüberschreitende Preisbindung zwischen Deutschland und Österreich und betont die Doppelrolle des Buches als Wirtschafts- und Kulturgut. Trotz einer deutlichen Verteuerung der Eintrittskarten kommen mehr Besucher*innen als im Vorjahr, um die 306 000 Titel mit etwa 80 000 Neuerscheinungen und die 1 620 Firmen aus 59 Ländern zu besehen. Das Lizenzgeschäft während der Messe wird allgemein als ausgesprochen gut bezeichnet, die Multimediaprodukte werden dagegen wieder in die Sachgruppen eingeordnet und weniger in der eigenen Halle präsentiert.

54 portugiesische Autor*innen lesen zum Themenschwerpunkt Portugal aus ihren Werken; der eigens errichtete Portugal-Pavillon ist höchst umstritten und wird mit seiner dunklen, wenig einladenden Gestaltung im Feuilleton meist negativ besprochen.

Der türkische Schriftsteller und Menschenrechtler Yaşar Kemal erhält den diesjährigen Friedenspreis. Seine Dankesrede wird zu einem großen Bekenntnis der Rolle und Bedeutung von Literatur für die Menschenrechte und die Verwirklichung individueller Bürgerrechte: »Wer meine Bücher liest, darf niemals mehr Krieg wollen.« Günter Grass geht in seiner Laudatio eindringlich auf das Werk von Kemal ein, dessen sprachbildende und völkerverbindende Kraft er als vorbildlich betont; da er auch die Asyl- und Türkeipolitik der Bundesregierung kritisiert, löst er heftige politische Reaktionen aus, die ihm den Vorwurf übler politischer Polemik durch die Regierungsparteien einbringt.

Heftige Debatten gibt es auf der Messe auch um die Rechtschreibreform; die Jugendbuchverlage setzen sich in einer »Frankfurter Erklärung« für ihre Einführung ein; Schriftsteller*innen sprechen sich deutlich dagegen aus.

Zahlen & Fakten

  • 306000

    Bücher

  • 80000

    Neuerscheinungen

  • 59

    Nationen

50. Frankfurter Buchmesse

7. bis 12. Oktober

Auch die 50. Frankfurter Messe macht das Spannungsfeld zwischen wirtschaftlichem und politisch-kulturellem Großereignis deutlich. Wachsende Verlagskonzentrationen, ein zunehmend internationalisierter Markt und der mögliche Wegfall der heimischen Preisbindung sorgen für eher zurückhaltende Prognosen über die Zukunft des Geschäftes. Politisch-kulturell steht das vielfältige Thema der Menschenrechte im Mittelpunkt: Der Überraschungsgast Salman Rushdie bei der Messeeröffnung scheint ein Stück Normalität zu verheißen, doch zeigen die dafür notwendigen beachtlichen Sicherheitsvorkehrungen und auch der weiter andauernde Ausschluss des Irans, dass von einer wirklichen Entspannung noch nicht geredet werden kann. Die erstmalige Verleihung des Preises »Freedom to Write – Freedom to Publish« der Internationalen Verleger-Union an die türkische Verlegerin Ayşe Nur Zarakolu, die nur im letzten Moment eine Ausreisegenehmigung bekommt, zeigt die anhaltenden Schwierigkeiten für die Freiheit des Wortes.

Mit einiger publizistischer Verspätung führt die Dankesrede von Martin Walser nach der Entgegennahme des Friedenspreises zu einem Eklat, da seine Warnung vor einer Instrumentalisierung der deutschen Vergangenheit und speziell von Auschwitz nicht nur beim Zentralrat der Juden in Deutschland auf wachsende Kritik stößt. Die sich anschließende, publizistisch weiter angeheizte Debatte zeigt sowohl die Sensibilität, mit der die Öffentlichkeit auf die Fragen von Schuld und Verantwortung gegenüber dem Dritten Reich reagiert, als auch die hohe Stellung, die die Vergabe des Friedenspreises weit über den Buchhandel hinaus genießt.

290 000 Besucher werden gezählt, gute Geschäfte getätigt und wieder einmal die Hallen getauscht: Halle 4.1 wird nun zum Zentrum der Belletristik und der Kunstbuchverlage; der Länderschwerpunkt wird der Schweiz gewidmet, die durch ihre Mehrsprachigkeit besondere Aufmerksamkeit erweckt. Am kargen Erscheinungsbild der Sonderausstellung »Schweiz« scheiden sich aber wieder die Geister. Die Electronic-Media-Halle 4.0 hat mit deutlich sinkenden Ausstellerzahlen zu kämpfen, trotz der Vorstellung des ersten elektronischen »Rocket Books«.

Buchmesse als politisch-kulturelles Großereignis

  • Überraschungsgast Salman Rushdie
  • Ausschluss des Iran
  • Verleihung des Preises »Freedom to Write – Freedom to Publish«
  • Eklat bei der Verleihung des Friedenspreises

51. Frankfurter Buchmesse 

13. bis 18. Oktober 

  • Buchmessedirektor Peter Weidhaas sagt Good Bye 
  • Autor*innen und Bücher dominieren („endlich wieder“) die Gespräche
  • Das Agentenzentrum ist überbucht und zieht um 

Gastland: Ungarn; Motto: "Unbegrenzt"

Peter Weidhaas nimmt nach 25 Jahren als Direktor Abschied von der Frankfurter Buchmesse, melancholisch wird es trotzdem nicht. „Die Grundstimmung war wie das Wetter – hervorragend“, sagt er anschließend im Interview. Besonders gefreut habe ihn, „dass es endlich wieder einmal um Bücher und Autoren ging“. Sein designierter Nachfolger Lorenzo Rudolf, Chef der Art Basel, stellt in Aussicht: Frankfurt als Begegnungsort und Ort der Emotionen zu stärken.  

Diesmal sind es Autor*innen wie Günter Grass, der Literaturnobelpreisträger des Jahres, Frank McCourt, Noah Gordon und Johannes Mario Simmel, die das Rampenlicht füllen. Oskar Lafontaine präsentiert sich als Reizfigur und Rückkehrer mit großem Gepäck – mit Memoiren, in denen er seine bis dato rätselhaft gebliebene Flucht aus der deutschen Politik erklärt. Da ergeben sich für das zentrale Debattenthema des Frühjahrs, das vom Spiegel enthüllte ‚Fräuleinwunder’ in der Literatur, kaum noch Anschlusspunkte. Ungarn indessen kann sich herausheben: Zehn Jahre nach dem Fall des eisernen Vorhangs zeigt das Land in Frankfurt seine Kultur – als erstes der ehemaligen Ostblockländer überhaupt. Außerdem werden iranische Verlage zum Thema: Weil sich ihr Staatspräsident Khatami von der seit 1989 gegen Salman Rushdie erlassenen Fatwa distanziert hatte, können sie als Aussteller auf die Frankfurter Buchmesse zurückkehren. 

Eine andere Entscheidung der Messeleitung betrifft die Rolle der Agent*innen und Scouts. Je wichtiger der globale Transfer von Rechten und Lizenzen für die Branche wird, umso wichtiger wird Frankfurt in diesem Geschäft als Treffpunkt und Drehkreuz, als Handelsplatz. Das fordert Konsequenzen: 318 Anmeldungen liegen 1999 für das Agentenzentrum (LitAg) vor, und damit mehr als in der bisherigen Konstellation zu bewältigen wären. Die Messe vereinbart deshalb einen Umzug von Halle 8 in Halle 10 und auf eine Fläche, die mit ihren knapp 3.000 Quadratmetern gut doppelt so groß ist wie die angestammte, alte. Parallel wertet sie den Service im LitAg auf: Für alle gibt es jetzt einen festen Tisch und dazu die Option, einen Botendienst zu buchen, der zwischen den Hallen vermittelt – etwa für Terminabsprachen mit Verlagen.  

© Tamara Weise im Auftrag der Frankfurter Buchmesse

Zahlen & Fakten

  • 290000

    Besucher*innen

  • 6599

    Aussteller

  • 111

    Nationen

Chronik 2000-2009

52. Frankfurter Buchmesse

18. bis 23. Oktober 

  • Harry Potter variiert das Gesetz der großen Zahlen 
  • »Faszination Comic« erlebt einen Senkrechtstart 
  • Die Buchmesse baut ihre Website zur Plattform um 

 Gastland: Polen; Motto: "@Polen" 

Was Carlsen in diesem Bücherherbst gelingt, ist nicht nur ein Novum, sondern mindestens eine Sensation. Es geht um: „Harry Potter“. Zur Buchmesse hat der Verlag eine Million Exemplare von Band 4 der Serie an den Handel ausgeliefert – eine seltene Euphorie setzt ein, über die in Frankfurt ausführlich gesprochen wird. Die Messe selbst feiert ihren neuen Schwerpunkt „Faszination Comic“, mit dem sie den Beweis antreten will, dass der Neunten Kunst im Geschäft mit Inhalten längst eine maßgebliche Rolle zukommt. Und das gelingt besser als vermutet: Ihren Plan, den Schwerpunkt lediglich drei Jahre zu halten, wird die Messeleitung später aufgeben, das Thema gilt von Anfang an völlig selbstverständlich als gesetzt (erste Buchmesse ohne Comic-Zentrum: 2014). 

Lorenzo Rudolf, der seit März neuer Direktor der Buchmesse ist, orientiert sich in seinem ersten Jahr zunächst am Business as usual. Dass sich die Messe mit dem Relaunch ihrer Website in Richtung Zukunft aufmacht und hier letztlich einen neuen Standard setzt, bleibt fürs erste kaum greifbar. Tatsache ist: Über die Website, umgebaut zum B2B- und Marketingportal, kann die Branche jetzt erstmals auf internationaler Ebene Trends verfolgen und sich digital vernetzen, auch ganzjährig. 

Analog begegnen dem Messepublikum die vertrauten Formate und Themen, einmal mehr geht es um die Folgen der Konzentration, um den Internetbuchhandel, um digitale Medien – die Premiere des mit 100.000 US-Dollar dotierten International eBook Award erreicht höchste Aufmerksamkeit. Dazu wird es in diesem Jahr betont politisch: Als Vertreter des Gastlandes Polen sind bei der Eröffnung nicht nur die Literaturnobelpreisträger Czeslaw Milosz und Wislawa Szymborska anwesend, auch der polnische Außenminister Wladyslaw Bartoszewski ist da. Seine Rede nutzt er für einen Appell, der von seinem deutschen Amtskollegen Joschka Fischer unterstützt und für Schlagzeilen sorgen wird: Gemeinsam sprechen sie sich dafür aus, Polen schon vor dem Beitritt zur EU als Akteur zwischen Ost- und Westeuropa ernstzunehmen. Eindruck hinterlässt die Messe allerdings auch mit ihrer Bilanz: Mehr als 300.000 Besucher*innen gab es zuletzt 1995. 

© Tamara Weise im Auftrag der Frankfurter Buchmesse

Zahlen & Fakten

  • 302897

    Besucher*innen

  • 6877

    Aussteller

  • 107

    Nationen

53. Frankfurter Buchmesse   

10. bis 15. Oktober 

  • Frankfurt diskutiert über die Folgen der Terroranschläge vom 11. September
  • Neubau des Forums und der Halle 3 ermöglichen kompakte Hallenstruktur
  • Fachprogramm widmet sich den „Big Questions“ der Buchindustrie

Gastland: Griechenland: Motto: "Neue Wege nach Ithaka" 

Die Terroranschläge vom 11. September verändern alles. Auch vier Wochen danach lassen sich die Spätfolgen kaum erahnen, nicht einmal Jürgen Habermas legt sich zu diesem Zeitpunkt schon fest. Am Messesonntag bekennt er in seiner Rede zur Verleihung des Friedenspreises: „Im Augenblick bleibt uns nicht viel mehr als die fahle Hoffnung auf eine List der Vernunft – und ein wenig Selbstbesinnung.“  

Die Atmosphäre auf dem Messegelände ist entsprechend angespannt, nachdenklich, zumal doppelt so viele Sicherheitskräfte verpflichtet werden als sonst. Mehr denn je geht es um die Zukunft des interkulturellen Dialogs, ums Brückenbauen und um politische Verantwortung. Unzählige Debatten überlagern den Messealltag, prägen ihn auch, ohne ihn letztlich aber zu erdrücken: Die erste Frankfurter Buchmesse im neuen Jahrtausend sollte neue Akzente setzen, ihre Bedeutung als weltweites Kraftzentrum der Branche unterstreichen. Am Programm macht die Messeleitung deshalb trotz der nach den Terroranschlägen in den USA entstandenen Erschütterungen keine Abstriche, lediglich 70 Verlage und Agent*innen, meist amerikanische, sagen kurzfristig ab.  

Das Geschehen auf der Messe konzentriert sich erstmals rund um die Agora, die Hallen 9 und 10 entfallen – was nicht nur für das Agentenzentrum einen erneuten Umzug bedeutet (neuer Standort: Halle 6.2, ab 2002: 6.3). Andererseits erfüllt sich so für viele ein alter Wunsch: Die Wege sind nun deutlich kürzer. Aussteller und Publikum profitieren zudem von zwei Neubauten, dem Forum mit Anschluss an die Festhalle und an die Halle 1, und von der futuristisch anmutenden Halle 3. Beide wirken einladend und werden bestaunt, passen damit perfekt zu den neuen, oft wuchtigen Ständen mancher Konzernverlage. Der Messeleitung gelingt mit ihrem Fachprogramm diesmal ein Statement – vor allem mit der Konferenz „Frankfurt Big Questions“, die sich dem epochalen Thema „The Digital Publishing Revolution“ widmet. Dass am Ende 14 Prozent weniger Besucher*innen kommen, dass zudem die Zahl der ausstellenden Unternehmen sinkt, wird weniger der Messe angelastet als der allgemein unsicheren Lage. Politisch wie wirtschaftlich, bedingt auch durch das Platzen der sogenannten Dotcom-Blase, steht 2001 somit für eine Zäsur.

Im März des Jahres findet ein viel beachteter Ehrengast-Auftritt der deutschen Verlage auf dem Pariser Salon du Livre statt, der neben Günter Grass einige der im Spiegel als „Enkelgeneration“ titulierten Autor*innen dem französischen Publikum vorstellt. 

© Tamara Weise im Auftrag der Frankfurter Buchmesse

Zahlen & Fakten

  • 259840

    Besucher*innen

  • 6637

    Aussteller

  • 106

    Nationen

54. Frankfurter Buchmesse  

9. bis 14. Oktober  

  • „Frankfurt Futura Mundi“ erreicht weltweit einen Achtungserfolg 
  • Verlage und Buchhandlungen setzen verstärkt auf Markenbildung
  • Messeleitung wirbt für mehr Relevanz 

Gastland: Litauen; Motto: "Fortsetzung folgt" 

Dass sie im internationalen Rechtegeschäft die Nummer eins ist, muss die Frankfurter Buchmesse nicht mehr eigens betonen. Aber sie versteht sich auch als Resonanzraum, als Ort des intellektuellen Austauschs und der Zukunft. Was im vergangenen Jahr mit der „Big Questions“-Konferenz begonnen hatte, wird deshalb nicht nur mit Nachdruck weiterverfolgt, sondern in einen größeren Rahmen gesetzt: „Bridges for a World devided“ heißt das neue Messemotto, „Frankfurt Futura Mundi“ der dazu gemeinsam mit der Maleki Group organisierte neue Leitkongress.  

Von der Veranstaltung sollen Denkanstöße ausgehen, die Themenfelder sind weit gesteckt: Fragen zur Biotechnologie werden gestellt, man diskutiert über den Nahost-Konflikt, Kinderrechte, kulturelle Identität, globale Werte, und nimmt bei allem die Rolle der Literatur in den Blick. Es sind hochrangige Gäste aus Wirtschaft, Kultur und Politik, die hier Appelle aussenden, UN-Generalsekretär Kofi Annan schickt sogar eine Grußbotschaft nach Frankfurt.  

Damit erreicht der Kongress weltweit einen Achtungserfolg, auch wenn er nicht zur Dauereinrichtung wird. Ohnehin ist die brancheninterne Agenda gerade lang genug. Bezogen auf Deutschland: Verlage und Buchhandlungen sehen sich mit sinkenden Umsätzen konfrontiert, veränderten Lese- und Kaufgewohnheiten, einem tiefgreifenden Strukturwandel. Zur Marke müsse man werden und ganz grundsätzlich einen neuen Drive entwickeln, umfassender als bisher um mediale Aufmerksamkeit werben, lautet eine Forderung – zu der dann Dieter Bohlen in Frankfurt wie zufällig auch noch die passenden Vibrationen liefert. Er stellt seine Autobiografie „Nichts als die Wahrheit“ vor.  

Dem neuen Messedirektor Volker Neumann ist der Trubel ganz recht. Neumann hatte zwar erst im September die Aufgabe übernommen, nachdem sein Vorgänger gehen musste, sieht sich als Stratege aber sofort mittendrin. Er unterstützt die Bewegung hin zu mehr Relevanz, intensiviert das Marketing und versucht, Frankfurt auch als Publikums- und Autor*innenmesse zu stärken. „Wir wollen keine besinnliche Messe“, hatte er zum Amtsantritt in einem Interview erklärt. So ist es gekommen.  

© Tamara Weise im Auftrag der Frankfurter Buchmesse

Zahlen & Fakten:

  • 265697

    Besucher*innen

  • 6375

    Aussteller

  • 110

    Nationen

55. Frankfurter Buchmesse  

8. bis 13. Oktober  

  • Foren schaffen neuen Raum für Begegnungen  
  • E und U bewegen sich aufeinander zu
  • Russland verbindet Frankfurt mit der ISS 

Gastland: Russland; Motto: "Neue Seiten" 

Von der 55. Frankfurter Buchmesse soll ein Aufbruch ausgehen, sowohl wirtschaftlich als auch atmosphärisch – sowohl für die internationale Branche als auch für die Messe selbst. Darauf zielen alle Reformen. Die Messeleitung weitet u.a. das Veranstaltungsprogramm aus und beschließt längere Öffnungszeiten für den Messefreitag, lässt dann ab dem Nachmittag erstmals sogar das Lesepublikum aufs Gelände. Dazu genehmigt sie den Buchverkauf am Messemontag. 

Dass es bei den Korrekturen vor allem darum geht, neue Begegnungen zu ermöglichen, fällt aber noch anders auf. Quer über die Messe verteilt entstehen Foren – auratische Orte, die eine ähnliche Funktion erfüllen wie das bekannte Comic-Zentrum und die Sonderausstellung für elektronische Medien. Allein in den Hallen, in denen deutschsprachige Aussteller ihre Stände aufgebaut haben, werden es insgesamt sieben: etwa zum Kinder- und Jugendbuch, zum Hörbuch und zu Film & TV (mit Messekino). An die Stelle des Electronic Media Center tritt das Forum Innovation, außerdem feiert – unabhängig von den neuen Schwerpunkten – das Übersetzer-Zentrum Premiere. Ob es je so viel in Frankfurt zu entdecken gab? In jedem Fall bringt der Kurswechsel viel Erfolg: Es stehen rund ein Drittel mehr Veranstaltungen im Programm als im Jahr zuvor, die Zahl der Besucher*innen steigt um knapp neun Prozent, die der Aussteller um gut vier Prozent. 

Da verblasst, dass bis vor Kurzem hart um Stand- und Hotelpreise gerungen wurde, bis zur finalen Bleibe-Entscheidung im März auch um den Standort – eine Zeitlang hatte es tatsächlich so ausgesehen, als könnte die Buchmesse nach München oder Berlin oder Köln abwandern. Der Messe folgend, schaut man jetzt wieder nach vorn und investiert ins Marketing, U und E schlendern weiter aufeinander zu. So entwickelt sich schließlich eine neue Lässigkeit, die das Geschäft pusht und nahezu überallhin ausstrahlt. Ins Umfeld des Gastlandsauftritts zum Beispiel: Dem Publikum bleibt Russland am Ende weniger mit seiner Literatur in Erinnerung – als durch Wladimir Kaminer, bei dessen Russendisko fast 5.000 Gäste mittanzen. Und natürlich durch die Live-Schalte zur ISS: Jurij Malentschenko, russischer Kosmonaut, funkt nach Frankfurt, er lese gerade Gedichte von Puschkin. 

© Tamara Weise im Auftrag der Frankfurter Buchmesse

Zahlen & Fakten

  • 288887

    Besucher*innen

  • 6638

    Aussteller

  • 102

    Nationen

56. Frankfurter Buchmesse    

6. bis 10. Oktober 

  • Orient und Okzident geben sich die Hand 
  • Fachprogramm erhält ein Feintuning 
  • Larry Page und Sergey Brin präsentieren den Vorläufer von Google Books  

Gastland: Arabische Welt; Motto: "Blick in die Zukunft"   

Die Arabische Welt sucht den Dialog, will nicht mehr einseitig mit Terror und Fundamentalismus assoziiert werden: Im Vorfeld gibt es kein Thema, dem sich deutsche Medien mit Blick auf die anstehende Buchmesse intensiver widmen. Mit ihrem Beginn wird es dann aber schnell ruhiger, wie überhaupt diesmal alles ruhiger wird – 2004 bewährt sich in erster Linie als Arbeitsmesse.  

An den Fachbesuchertagen ist mehr los (plus drei Prozent), insgesamt kommen weniger Besucher*innen. Der Messemontag entfällt, auch der lange Freitag ist zunächst Geschichte, eine große Party fürs Lesepublikum mit Glanz und Glamour genauso. Die Zahl der Events sinkt, womit atmosphärisch nicht alle einverstanden sind. Andererseits wird das Feintuning von Fachprogramm und Foren gelobt. Über die wachsende Konzentration und den Strukturwandel diskutieren vor allem die deutschen Verlage, außerdem über den rasanten Erfolg der Bestseller-Bibliotheken, sprich: Billig-Editionen, – und den Literaturnobelpreis. Als am Messedonnerstag klar wird, dass er an Elfriede Jelinek geht, bricht bei Rowohlt und am Stand des Berlin Verlags kurzfristig Jubel aus. Eine Frage stellen sich jedoch alle: Wer steuert die größte Buchmesse der Welt in Zukunft? Erst im September wurde bekannt, dass es an ihrer Spitze früher als geplant erneut einen Wechsel geben soll. Zum Problem wird das letztlich aber nicht, eher schon der Plan von Google – Larry Page und Sergey Brin, die Gründer, reisen sogar persönlich an, um für ihr neues Großprojekt zu werben: In Frankfurt verkünden sie den Start von Google-Print, einer Suchmaschine für Buchinhalte im Volltext (2005: Launch in Europa, Umbenennung in Google Books).  

© Tamara Weise im Auftrag der Frankfurter Buchmesse

Zahlen & Fakten

  • 268030

    Besucher*innen

  • 6691

    Aussteller

  • 110

    Nationen

57. Frankfurter Buchmesse 

19. bis 23. Oktober    

  • Erstmals kommen mehr als 7.000 Aussteller 
  • Arno Geiger gewinnt beim allerersten Deutschen Buchpreis 
  • Brockhaus demonstriert Markenbewusstsein 

Gastland: Korea; Motto: "Enter Korea" 

Schon vor ihrer Eröffnung kann die Frankfurter Buchmesse glänzen: Zum ersten Mal melden sich mehr als 7.000 Aussteller an, für das Agentenzentrum musste seit dem Sommer sogar eine Warteliste geführt werden, 243 Agenturen erhalten schließlich den Zuschlag. Juergen Boos, der seit dem Frühjahr neuer Direktor der Messe ist, wird die Rückmeldungen aus der Branche in seiner Bilanz später als „überwältigend positiv“ beschreiben. Dabei folgt der Erfolg ganz seiner Linie: Von Anfang an lautet sein Credo, die Buchmesse müsse sich verändern, mutig experimentieren, sich politisch profilieren. „Die Messe muss sich jedes Jahr erneuern, wenn sie weiter wachsen will.“ 

2005 gelingt das vor allem in den Bereichen, die inhaltlich unmittelbar an die Buchwelt anknüpfen.  Nicht nur die Frankfurter Antiquariatsmesse hat Premiere, auch die Kooperation mit der Berlinale greift nun – wovon der Schwerpunkt Film & TV profitiert, dazu das Geschäft im 2004 gegründeten Agentenzentrum für Adaptionen & Drehbuch. Wichtig werden noch weitere Partner, etwa die Nürnberger Spielwarenmesse, mit der zusammen die Sonderausstellung „Spiele & Spielen“ entsteht, und die LeserAuskunft GmbH: Gemeinsam mit der Frankfurter Buchmesse organisiert sie eine Pressemesse, bei der zum Start gut 1.300 Zeitungen und Zeitschriften zu sehen sind. 

Literarisch ziehen u.a. A.L. Kennedy, Nick Hornby und der diesjährige Friedenspreisträger Orhan Pamuk besondere Aufmerksamkeit auf sich. Außerdem Mario Adorf und Stephen Hawking, Stars im Sachbuch, dann noch Arno Geiger, Gesicht einer neuen Generation und in Frankfurt nun Gewinner einer neuen Auszeichnung: Für seinen Roman „Uns geht es gut“ erhält er den Deutschen Buchpreis. Die Bilder von der Preisverleihung im Römer hinterlassen weltweit einen bleibenden Eindruck, den letztlich nur B.I. & F.A. Brockhaus übertrifft. 200 Jahre nach dem Erscheinen der ersten Brockhaus-Enzyklopädie liefert der Verlag zur Messe die 21. Auflage in 30 Bänden aus – und setzt sie in Frankfurt als meterhohe Kopien in Szene. Die Monolithen bilden auf der Agora einen Kreis, der im herbstlichen Morgendunst fast überirdisch wirkt, sonst beständig. So demonstriert man heute Markenbewusstsein.     

© Tamara Weise im Auftrag der Frankfurter Buchmesse

Zahlen & Fakten

  • 284838

    Besucher*innen

  • 7209

    Aussteller

  • 101

    Nationen

58. Frankfurter Buchmesse   

4. bis 8. Oktober 

  • Aussteller schaffen Alternativen zu Google & Co. 
  • Die Buchmesse exportiert ihr Know-how 
  • Schwerpunkt Bildung startet mit Alphabetisierungskampagne 

Gastland: Indien; Motto: "Today's India"  

Amazon und Google machen Druck, die Zeit drängt. Auf der Frankfurter Buchmesse sind es dann insbesondere Aussteller aus Deutschland, die hier eine Tür aufstoßen: „Volltextsuche online“, kurz VTO, startet als Betaversion und präsentiert sich selbstbewusst als unabhängige Alternative zu den Großprojekten der beiden Konzerne – Amazon Search Inside und Google Books. Midvox reist mit einer ähnlichen Idee an. 

Die Frankfurter Buchmesse hat bereits das ganze Jahr über an ihrer strategischen Reichweite gearbeitet, was zunächst bedeutet, dass sie ihr Know-how verstärkt international vermarktet. Pläne, in London einen zweiten Standort zu eröffnen, nimmt sie zwar wieder zurück. Die Cape Town Book Fair, ein Joint Venture mit dem südafrikanischen Verlegerverband PASA, kommt jedoch zustande, im Oktober wird zusätzlich eine Kooperation mit der Buchmesse in Abu Dhabi vereinbart. 

In Frankfurt selbst gewinnt die Messe diesmal an Profil, indem sie den Medienmix herausstellt, der für Branche jetzt so typisch ist – erstmals gibt es u.a. eine Sonderschau für Non-Books. Darüber hinaus nimmt sie ein gesellschaftspolitisches Thema in den Blick, mit dem gerade viele hadern. Mehr noch: Sie bringt Initiativen auf den Weg. Der „Schwerpunkt Bildung“, schon zu seiner Premiere langfristig angelegt, setzt eine weltweite Alphabetisierungskampagne in Gang, die Literacy Campaign (LitCam). Insgesamt gut 60 Veranstaltungen umfasst das Programm des neuen Schwerpunkts, und Indien – nach 1986 zum zweiten Mal als Gastland in Frankfurt dabei – wird in die Debatten aktiv eingebunden: Der Trendkongress zu Bildungsfragen widmet sich dem Thema „India on the Rise“.  

© Tamara Weise im Auftrag der Frankfurter Buchmesse

Zahlen & Fakten

  • 286621

    Besucher*innen

  • 7272

    Aussteller

  • 101

    Nationen

59. Frankfurter Buchmesse

10. bis 14. Oktober 

  • Bildungsinitiative wird ausgeweitet 
  • Das Messepublikum trifft sich im Web 2.0 Wohnzimmer 
  • In allen Hallen gilt jetzt Rauchverbot 

Gastland: Katalanische Kultur; Motto: "Singular i Universal – Einzigartig und Universell" 

Bildung, als von der Messe im Vorjahr initiiertes Schwerpunktthema, ist diesmal omnipräsent. Die kulturpolitische Debatte nimmt eine weitere Runde, wird erneut international geführt – gleich am Eröffnungstag etwa bei einem Alphabetisierungskongress. Stärker als 2006 zeigt sich zudem, dass Bildung in der Branche als Wachstumsmotor gilt: Knapp ein Fünftel aller Aussteller bringen Produkte für Bildung und Weiterbildung mit nach Frankfurt. In Halle 4.2 entsteht mit dem Educational Publishing Forum auch eine neue Sonderfläche, für die die Messe mit der amerikanischen Association of Educational Publishers (AEP) kooperiert.  

E-Books, Open Access, Volltextsuche, die nach wie vor ungelöste Frage des Urheberrechts in Zeiten digitaler Plattformen, Marketing und Vertrieb via Web, die Geschäftsmodelle von Google & Co.: Die Liste der Themen zur Digitalisierung wird immer länger, auf unzähligen Podien haben sie Hochkonjunktur, insbesondere rund um den bekannten Digital Market Place (Halle 4.2). Direkt nebenan setzt die Messeleitung passend dazu noch einen Extra-Impuls, indem sie zum ersten Mal ein Web 2.0 Wohnzimmer einrichtet: Besucher*innen treffen hier die Macher des Buchmesse-Podcasts und können Buch-Blogger*innen über die Schulter schauen. Nur Rauchen ist in der guten Stube verboten – wie jetzt überall auf dem Messegelände. 

© Tamara Weise im Auftrag der Frankfurter Buchmesse

Zahlen & Fakten

  • 283293

    Besucher*innen

  • 7448

    Aussteller

  • 108

    Nationen

60. Frankfurter Buchmesse   

15. bis 19. Oktober 

  • Das Agentenzentrum macht erneut einen Sprung 
  • E-Reader (und E-Books) avancieren zum Messethema Nummer eins 
  • Literaturnobelpreisträger Orhan Pamuk redet über Meinungsfreiheit  

Gastland: Türkei; Motto: "Faszinierend farbig" 

Im März verdichtet die Frankfurter Buchmesse zunächst ihr Netz an internationalen Standorten. Die German Book Offices (GBO) in New York, Bukarest, Moskau, Peking und Warschau haben sich bewährt, nun ist New Delhi dran. Dass sie im Herbst bereits zum 60. Mal stattfindet, macht die Messe nicht weiter zum Thema, genau wie das Jubiläum des Agentenzentrums (30 Jahre) – trotz Rekordbilanz: 510 Agent*innen sind diesmal im LitAg vertreten, 8,2 Prozent mehr als im Vorjahr. Hängenbleiben wird in jedem Fall, was Andrew Wylie sagt. In der Szene nennt man den Agenten „Schakal“, nun nutzt er die mediale Aufmerksamkeit rund um die Messe für einen gut platzierten Vorstoß in Sachen E-Book. Öffentlich erklärt er, Agent*innen und Verlage müssten künftig auf gleichen Wettbewerbsbedingungen für das gedruckte und das digitale Buch bestehen.   

Wylie richtet sich mit seinen Worten in erster Linie gegen Amazon, er warnt vor einer Marktdominanz des Lesegeräts Kindle (US-Start im November 2007), vor sinkenden Preisen und Umsätzen. Und er ist nicht der Einzige, der so denkt: Das Geschäft mit digitalen Inhalten, neue Formate, Vertriebswege, Monopole, außerdem die Gefahren durch Piraterie – in Frankfurt laufen die Debatten heiß. Deutschen Verlagen erscheint Sony da vorläufig als akzeptable Alternative: Gemeinsam mit Libri und Thalia kündigt der Konzern auf der Buchmesse für 2009 den Deutschlandstart des Sony Readers an. 

Die Türkei präsentiert sich mit rund 350 Veranstaltungen ganz so, wie es das Ehrengast-Motto erwarten ließ – „Faszinierend farbig“. Möglichst umfassend soll das Publikum Einblick in die traditionsreiche Kultur nehmen können, Vielfalt erfahren, die moderne Türkei kennenlernen. Von den jungen Autor*innen sind es u.a. Asli Erdoğan, Elif Şafak und Şebnem İşigüzel, die in Frankfurt auffallen. Doch den Ton setzt Orhan Pamuk mit seiner Eröffnungsrede: Pamuk, 2006 mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet und längst international bekannt, kritisiert die fehlende Meinungsfreiheit in seinem Land.  

© Tamara Weise im Auftrag der Frankfurter Buchmesse

Zahlen & Fakten

  • 299112

    Besucher*innen

  • 7373

    Aussteller

  • 100

    Nationen

61. Frankfurter Buchmesse   

14. bis 18. Oktober 

  • Die Tools of Change for Publishing kommt nach Frankfurt 
  • China sorgt als Ehrengast für Schlagzeilen
  • In der Gourmet Gallery lädt die Messe zum kulinarischen Stelldichein

Gastland: China; Motto: "Tradition und Innovation"  

Tools of Change for Publishing, kurz TOC: In den USA gilt die von O’Reilly Media erfundene Zukunftskonferenz längst als Plattform für Visionäre, nun tritt sie erstmals in Europa an – in Kooperation mit der Frankfurter Buchmesse. Einen Tag vor Messebeginn diskutieren Entscheidungsträger*innen und Digitalexpert*innen der internationalen Verlagsszene hier darüber, wie es für Buch und E-Book weitergeht, letztlich aber kreisen die Gespräche um Amazon und Google: Amazon hat gerade einen Verlag gegründet (Encore) und ist dabei, mit dem Kindle weltweit zu expandieren, Google kündigt einen Onlineshop für digitale Inhalte an (Google Editions), steht nach wie vor zudem mit seiner Suchmaschine Google Books im Kreuzfeuer der Kritik.  

Ein anderer Konflikt entsteht rund um den Gastlandauftritt von China, und das schon Wochen vorher. Als Bundeskanzlerin Angela Merkel gemeinsam mit ihrem chinesischen Amtskollegen Xi Jinping die Messe eröffnet, schwelt er noch immer. Auslöser war ein Symposion im September, das den diesjährigen Ehrengast ins Zentrum hob und mit einem Eklat endete. Man hatte Autor*innen ausgeladen, die dann aber doch sprachen, einige chinesische Teilnehmer*innen verließen daraufhin den Saal, gegen die Buchmesse wurden Zensurvorwürfe laut. Die Bundeskanzlerin greift das Thema in ihrer Eröffnungsrede auf, betont, auch China müsse sich den kritischen Fragen zur Meinungsfreiheit stellen. 

Die Frankfurter Buchmesse hatte in der Vorbereitung des Gastlandauftritts auf Wandel durch Annäherung gesetzt, sich dessen bewusst, dass man eine Gratwanderung vor sich hat. „Wir können Konflikte aufzeigen, aber nicht lösen“, sagt ihr Direktor Juergen Boos jetzt zum Auftakt, parallel laufen die Debatten um Menschenrechtsverletzungen heiß. Viele allerdings teilen seine Haltung auch und suchen den Konsens: Chinesische Verlage verkaufen in Frankfurt diesmal doppelt so viele Lizenzen ins Ausland als noch vor fünf Jahren, insgesamt 1.300.  

Wichtig für das Messepublikum wird 2009 außerdem der neue weiss’raum in Halle 4 mit seinem Fokus auf digitale Kommunikation, digitale Geschäftsmodelle und Drucktechnologien. Dazu die Gourmet Gallery in Halle 5 mit angeschlossener Show-Küche. Dass die Stadt Frankfurt ihren Kulturauftrag mittlerweile neu definiert, beweist sie durch ihr Literaturfestival „Open Books“, das erstmals zur Messe stattfindet. 

© Tamara Weise im Auftrag der Frankfurter Buchmesse

Zahlen & Fakten

  • 290469

    Besucher*innen

  • 7314

    Aussteller

  • 100

    Nationen

Chronik 2010-2019

62. Frankfurter Buchmesse

6. bis 10. Oktober 

  • Frankfurt SPARKS vernetzt Technologie und Inhalte 
  • Rechtehandel profitiert von der Erweiterung um Games und Musik 
  • Internationales Zentrum und Übersetzer-Zentrum fusionieren zum: Weltempfang 

Gastland: Argentina; Motto: "cultura en movimiento – Argentinien, Kultur in Bewegung"  

Mit Frankfurt SPARKS erweitert die Frankfurter Buchmesse ihr Konzept um eine Initiative, die nicht nur vom Namen her viele überrascht: Frankfurt SPARKS setzt die Themen der digitalen Transformation in einen neuen Kontext und ermöglicht der Messe zugleich, ihren Aussteller-Radius zu vergrößern. Film hatte man schon integriert, nun kommen als attraktive Kreativindustrien Games und Musik hinzu.  

Unter dem Dach der Initiative werden zunächst bekannte Formate wie die Konferenz „Tools of Change for Publishing“ verankert, darüber hinaus ist Platz für zwei Premieren – für Frankfurt StoryDrive, eine zweitägige Konferenz, die auf die Zukunft des Geschichtenerzählens im großen Ganzen schaut, und für die Frankfurt Hot Spots. Verteilt über die Hallen, entstehen zum Auftakt insgesamt sechs dieser Ausstellungsflächen, jede vollgepackt mit Innovationen und Gadgets, jede zu einem anderen Thema (Publishing Services, Information Management, Mobile, Devices, Education, Literature & Special Interest). Gut 7.500 Aussteller werden es am Ende.    

Dass der Rechtehandel von der Erweiterung profitieren würde: Allein aufgrund der Zahlen hatte daran bereits im Vorfeld niemand Zweifel. Das im vergangenen Jahr – als dritte Säule für den Rechtehandel – gestartete Zentrum Bild wächst auf gut 700 Quadratmeter und hat so jetzt auch Platz für Illustrationen. Im Film & Media Rights Centre sind diesmal 27 Agent*innen dabei, was im Vergleich zum Literary Agents & Scouts Centre (LitAg), dem 522 Anmeldungen vorliegen, zwar als wenig erscheint, von der Szene aber gar nicht so wahrgenommen wird. Zentral ist zunächst: In Frankfurt funktioniert der Handel mit Rechten und Lizenzen prinzipiell in alle Richtungen. Buch, Film, Game, Musik, Bild, Illustration, sogar Merchandising – keiner dieser für das Geschäft mit Inhalten entscheidenden Märkte fehlt. Dagegen präsentieren sich die Standortkorrekturen des Jahres weitgehend geräuschlos: Die Antiquariatsmesse zieht in ein Zelt auf der Agora, die Gourmet Gallery von Halle 5.0 hinüber und hinauf in Halle 3.1, ihre Fläche verdoppelt sich auf 800 Quadratmeter. Erstmals gibt es zudem den Weltempfang, als gemeinsamer Auftritt von Internationalem Zentrum und Übersetzer-Zentrum. 

© Tamara Weise im Auftrag der Frankfurter Buchmesse

Zahlen & Fakten

  • 279325

    Besucher*innen

  • 7539

    Aussteller

  • 111

    Nationen

  • 3110

    Veranstaltungen

63. Frankfurter Buchmesse

12. bis 16. Oktober 

  • Ehrengast Island wird mit Superlativen überhäuft 
  • Im Open Space auf der Agora geht die Frankfurt Academy an den Start 
  • Frankfurt präsentiert sich als größte Content-Messe der Welt 

Gastland: Island; Motto: "Sagenhaftes Island" 

Die Frankfurter Buchmesse lässt sich nur im Plural denken, selten ist das so klar geworden wie 2011. Für die einen wird Island zum zentralen Thema – das Gastland feiert das Lesen und die Literatur, wer in der Ausstellung im Forum war, spricht ausschließlich in Superlativen („ein Sehnsuchtsort“, „das Schönste an der Messe“, „überwältigend“). Andere geraten eher auf der Agora in Euphorie, weil sie sich dort der Zukunft nahe sehen: Mit Audi hatte die Buchmesse im Vorfeld vereinbart, dass der ursprünglich nur für die bis zum 25. September laufende Internationalen Automobilmesse (IAA) geplante Pavillon des Konzerns danach stehenbleibt.  

Der Pavillon misst 100 Meter in der Länge, 70 in der Breite und zwölf in der Höhe, und gilt schon allein deshalb als mutig. Umgetauft in Open Space, nutzt ihn die Buchmesse in erster Linie für ihr Fachprogramm und nimmt als gutes Omen, dass der Audi-Claim „Driven by ideas“ nach wie vor an den Wänden klebt: Hier zeigt sich, wo die Buchbranche ihre Wurzeln hat, da die Antiquariatsmesse mit einzieht, hier zeigt sich aber vor allem, wo es für sie hingehen könnte. Den Dreh- und Angelpunkt dafür bildet die Digitalinitiative Frankfurt SPARKS, nun aber ergänzt um die Frankfurt Academy, die im Frühjahr gemeinsam mit dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels gegründet wurde. Rund 1.100 Fachveranstaltungen bietet sie zu ihrem Start auf, wird aber noch mehr tun: Die Frankfurt Academy konzentriert sich nicht auf die fünf Messetage am Main, sondern arbeitet ganzjährig und weltweit. Ganz oben auf ihrem Programm: Weiterbildung und Networking. 

Dazu passt, dass in Halle 6.0 auf 7.000 Quadratmetern ein riesiges Rechtezentrum entsteht, bestehend aus dem Literary Agents & Scouts Centre (LitAg) und dem neuen StoryDrive Business Center – als Anlaufstelle für Besucher*innen aus den Bereichen Film und Games. Können Wege kürzer sein, um crossmediale Projekte anzuschieben?

Zum Jahresausklang findet ein glanzvoller Auftritt der deutschen Buchbranche mit den beiden Nobelpreisträgern Herta Müller und Mario Vargas Llosa auf der internationalen Buchmesse in Guadalajara statt. 

© Tamara Weise im Auftrag der Frankfurter Buchmesse

Zahlen & Fakten

  • 280194

    Besucher*innen

  • 7384

    Aussteller

  • 106

    Nationen

  • 3200

    Veranstaltungen

64. Frankfurter Buchmesse   

10. bis 14. Oktober 

  • Neuseeland spannt in Frankfurt einen Sternenhimmel auf 
  • Kinder- und Jugendmedien werden zum Schwerpunkt  
  • Aber die Digitalisierung bestimmt weiterhin die Gespräche 

Gastland: Neuseeland; Motto: "Bevor es bei euch hell wird" 

Zwischen Frankfurt und der neuseeländischen Hauptstadt Wellington liegen knapp 19.000 Kilometer: Geht die Sonne hier auf, geht sie dort schon wieder unter. Dass trotzdem manche zunächst befremdet auf die Dunkelheit in der Gastlandausstellung reagieren, manche sich sogar nasse Füße holen, weil Neuseeland selbstbewusst hier zwei Seen installiert hat: Das wird zum Messegespräch, sorgt für ungetrübte Sympathien – inspiriert auf eigenwilligste Weise dazu, die kulturelle Vielfalt des Inselstaates zu erforschen. 

„Bigger, and Better“, so überschreibt das US-Branchenmagazin „Publishers Weekly“ seinen Vorbericht zur Frankfurter Buchmesse 2012. Dabei sind die meisten Veränderungen, die sie diesmal vornimmt, nicht mal von Grund auf neu, sondern eine Weiterentwicklung dessen, was längst da ist. 

Der Schwerpunkt Bildung in Halle 4.2 erhält mit dem „Klassenzimmer der Zukunft“ einen Raum, in dem digitale Schulbücher und interaktive Lerntechnologien getestet werden können. Für die eingeladenen Schüler*innen geht es um Hands-on, ums Mitmachen, zum Highlight erklären sie die von Kooperationspartner Visenso installierte „Powerwall“: Das Augmented-Reality-Tool erlaubt ihnen, 3D-Lernwelten zu betreten. Drüben in Halle 3.0 holt die Buchmesse dann erstmals alle Aussteller der Sparte Kinder- und Jugendmedien zusammen, gliedert das Forum Jugendmedien an, den Hot Spot Kids & eReading und, als Novum, das IKEA Kids-Café. Sie verweist damit auf einen Wachstumsmarkt, versetzt ihre Scheinwerfer, und wird diese Strategie auch noch woanders nutzen: In Halle 3.1 etwa, wo für Aussteller aus dem Segment Reise die Travel Gallery entsteht, oder in Halle 4.1 auf dem Kunst-Areal: „State of the Arts“ als neue Dachmarke wirkt wie eine Auszeichnung. 

Hauptthema der Gespräche, der Podiumsdiskussionen und Vorträge bleibt allerdings die Digitalisierung. E-Book, enhanced E-Book, App, Crowdfunding, Fanfiction, 360°-Storytelling, Social DRM, Selfpublishing, Metadaten, Agency-Modell … die Professionalisierung im Markt bringt es mit sich, dass die Liste der Aufgaben für die Buchbranche jedes Jahr länger wird. Anderseits ergibt sich daraus letztlich neues Geschäft, letztlich auch für die gut 600 Agent*innen, die es nach Frankfurt zieht. Ihnen offeriert die Buchmesse jetzt einen Licensing Day – als willkommenes Extra. 

© Tamara Weise im Auftrag der Frankfurter Buchmesse

Zahlen & Fakten

  • 281753

    Besucher*innen 

  • 7307

    Aussteller

  • 97

    Nationen

  • 3400

    Veranstaltungen

65. Frankfurter Buchmesse

9. bis 13. Oktober 

  • Auf der Agora gewinnt das Autorenmarketing 
  • Nach der TOC kommt die CONTEC  
  • Agent Andrew Wylie macht der Buchmesse ein denkwürdiges Kompliment  

Gastland: Brasilien; Motto: "Ein Land voller Stimmen" 

Ein schneeweißes Kuppelzelt und ein kreisrunder, zu allen Seiten offener Pavillon auf Stelzen: Sie sind die Antwort der Frankfurter Buchmesse auf den Wunsch vieler Aussteller nach mehr Aufmerksamkeit und Begegnung. Platziert werden sie für das Publikum da, wo Platz ist – auf der Agora. Das Kuppelzelt dockt an den Schwerpunkt Kinder- und Jugendbuch an und wird deshalb „Kids Bubble“ getauft, der Pavillon heißt Open Stage und bietet Entertainment querbeet im Stundentakt, mit dem Lesewohnzimmer des Projekts StadtLesen zugleich einen Rückzugsort. Sogar Sterne lässt die Buchmesse diesmal aufziehen, um das Autorenmarketing zu pushen, sie verbinden sich zum Walk of Fame.  

Die Frankfurt Academy konzentriert sich erneut auf Trends und Prognosen, liefert Inspiration, Networking weltweit. Neben Workshops und Podiumsrunden organisiert sie diesmal vier Großkonferenzen, von denen jede ihren eigenen Zuschnitt bekommt. Publishers Launch Frankfurt und das International Rights Directors Meeting zählen dazu, darüber hinaus die All-Media-Konferenz Frankfurt StoryDrive und als Nachfolger der berühmten Tools of Change – CONTEC. Weil O’Reilly von der gemeinsam mit der Buchmesse realisierten Zukunftskonferenz Abstand genommen hat, wurde umgeplant, doch das Folgeformat gilt zunächst mal als würdiger Ersatz. „Das Gute an Tech- und Buchkonferenzen wie der CONTEC ist, dass wir hier über Dinge diskutieren, die bei anderen Konferenzen erst in zwei Jahren auf der Agenda stehen würden“, erklärt US-Autor Hugh Howey. Und der Buchhandel wird gleich mitbedient: Für ihn entwickelt die Buchmesse das Format Level 2, das sowohl Seminare als auch Termine umfasst, bei denen sich die Sortimenter zwanglos international austauschen können.   

Zu den zentralen Messethemen gehört 2013 sicher das Self-Publishing, in der Verlängerung der seit Jahren akuten Digitalisierungsdebatte. Nach dem Millionenerfolg der „Shades of Grey“-Trilogie von E. L. James drängt sich das Thema förmlich auf: Die britische Autorin hatte Mitte 2011 Band 1 als E-Book selbst in Umlauf gebracht, Vintage Books – ein Imprint von Penguin Random House – zog später die Lizenz an Land. Als Besteller-Phänomen bringt das den gesamten Markt in Aufruhr, die Buchmesse reagiert darauf: In Halle 3.1 installiert sie eine Self-Publishing Area als neuen Treffpunkt für die impulsive Szene, für Autor*innen, Verlage und Dienstleister. Konkurrenzlos über allem schwebt dann aber noch ein denkwürdiges Kompliment von Agent Andrew Wylie. Kurz vor Messebeginn sagt er in einem Interview mit dem US-Magazin „New Republic“: „Die Frankfurter Buchmesse entspricht meiner Vorstellung vom Himmel.“  

© Tamara Weise im Auftrag der Frankfurter Buchmesse

Zahlen & Fakten

  • 275342

    Besucher*innen

  • 7275

    Aussteller

  • 102

    Nationen

  • 3700

    Veranstaltungen

66. Frankfurter Buchmesse   

8. bis 12. Oktober 

  • Frankfurt wird zur „Welthauptstadt der Ideen“
  • Der Business Club zählt zum Start bereits gut 3.000 Anmeldungen
  • Autor*innen widmen sich politischen Grundsatzfragen 

Gastland: Finnland; Motto: Finnland.Cool 

„Welthauptstadt der Ideen“, für die internationalen Gäste „The place to be“: Der neue Claim der Frankfurter Buchmesse deutet eine Zeitenwende an, obwohl er gar keine Aussagen über die aktuellen Marktverschiebungen trifft. Doch das genügt schon. Dass Verlage, in erster Linie Verlagskonzerne, immer globaler agieren, digitale Inhalte immer wichtiger werden und sich das Geschäft immer weiter auffächert: Wer in den vergangenen Jahren in Frankfurt dabei war, kennt die Trends bereits, weiß auch, wie sehr sich die Messe gerade selbst verändert. Ein Blick in die Statistik verweist auf die Folgen der Entwicklung: Während die Zahl der deutschen Aussteller sinkt, wächst das Interesse anderswo weiter – erstmals kommen fast Zweidrittel der Aussteller (64 Prozent) aus dem Ausland. 

Das Konzept, mit dem die Messeleitung darauf jetzt reagiert, betrifft zunächst eher inhaltliche Fragen, betrifft das Programm und das große Thema Networking (in den Hallen wird sich der Wandel erst 2015 zeigen). Mehr als 4.000 Veranstaltungen gibt es diesmal, von denen sich viele dezidiert ans Fachpublikum richten – vor allem aber öffnet jetzt der Business Club. Er ist gedacht als eine Art dritter Ort, als Rückzugsraum, und einzig dazu da, um den internationalen Austausch eine Stufe höher zu heben. Zum Gesamtpaket gehören vier Konferenzen, darunter die CONTEC und Frankfurt StoryDrive, Vorträge und Diskussionen, insbesondere jedoch das Angebot, abseits vom üblichen Messegedränge in einem recht exklusiven Rahmen zwanglos neuen Leuten zu begegnen. Nebeneffekt: Alle, die keinen Stand (mehr) buchen und deshalb für Gespräche sonst auf Meetingräume in die umliegenden Hotels oder in Restaurants ausweichen müssten, können sich die Umwege nun sparen. 2014 registriert der Club gut 3.000 Anmeldungen. 

Passend zum Welthauptstadt-Claim baut die Buchmesse in diesem Jahr zudem ihre Angebote für Autor*innen aus, will für sie nicht nur Bühne sein und gut für die Promotion, sondern darüber hinaus ein attraktiver Treffpunkt – mit politischem Impact. Die Autoren Lounge, maßgeblich organisiert von der dänischen Schriftstellerin Janne Teller, dient als Plattform für Gespräche und als Werkstatt: Innerhalb des von Teller geleiteten Projekts Frankfurt Undercover entsteht ein Essayband voller Impulse und Fragen, der später an den Außenminister Frank-Walter Steinmeier überreicht wird. 

© Tamara Weise im Auftrag der Frankfurter Buchmesse

Zahlen & Fakten

  • 269534

    Besucher*innen

  • 7103

    Aussteller

  • 106

    Nationen

  • 4000

    Veranstaltungen

67. Frankfurter Buchmesse

14. bis 18. Oktober 

  • Die Messe baut um und organisiert neue Nachbarschaften 
  • „The Markets“ verweist auf Chancen im internationalen Geschäft      
  • Weil Salman Rushdie zur Eröffnung kommt, sagt der Iran ab 

Gastland: Indonesien; Motto: "17.000 Inseln der Imagination" 

So viel hat sich lange nicht verändert, nahezu überall stehen Umzüge an – entstehen dadurch aber auch neue Nachbarschaften, wird alles zentraler, kompakter, schneller erreichbar. Die seit 1999 in Halle 8 untergebrachten Aussteller aus englischsprachigen Ländern wechseln in die Halle 6, die arabische Welt und Asien in die Halle 4. Selbst in den deutschen Hallen, die vom Zuschnitt her weitgehend gleichbleiben, zeigt das neue, sehr global gedachte Konzept der Messe seine Wirkung: Auch hier orientiert man sich stärker als bisher an Communities, für die geografische Grenzen ohnehin kaum noch zählen. Der Orbanism Space in Halle 4.1 etwa präsentiert sich als Kreativ-Hub und Austauschforum für die digitale Content-Industrie, entwickelt wurde er gemeinsam mit dem Partner Leander Wattig, unter dem Kuppeldach der Halle 3 kooperiert die Gourmet Gallery jetzt mit der World Cookbook Fair und erhält mehr Fläche, außerdem zieht nebenan der Weltempfang mit ein (zuvor in Halle 5.0). Die auf der Hallenebene 3.1 schon vor Jahren eingerichtete Selfpublishing Area wandert dafür eine Etage tiefer. 

Im Business Club betreffen die Korrekturen vor allem das Fachprogramm, mit dem sich die Messe als internationaler Impulsgeber präsentiert. CONTEC und StoryDrive, die beiden bekannten Konferenzen, werden ersetzt durch „The Markets“ und das „Media & Technology Forum“ – zwei Formate, die strikt interaktiv ausgerichtet sind. „The Markets“ beleuchtet als Konferenz zu Messebeginn u.a. das Mediengeschäft in den USA, Deutschland, China und Indonesien, dem diesjährigen Gastland, im „Media & Technology Forum“ geht es danach um Detailfragen, um crossmediale Chancen, Filmadaptionen, Storytelling.  

Dass dazu auch auf politischer Ebene einiges los sein würde, war im Vorfeld bereits klar, und das nicht bloß aufgrund der aktuellen Krisenlage in Europa – ausgelöst durch den sogenannten „Flüchtlingsstrom“ insbesondere aus Syrien, dem Irak und Afghanistan. Hilfsaktionen werden zum Thema, Kriegsursachen, Vorurteile, als übergeordnete Aspekte zudem die Menschenrechte, die Meinungsfreiheit, dann noch der aus Protest gegen den Eröffnungsredner Salman Rushdie leerstehende iranische Nationalstand. Navid Kermani, deutsch-iranischer Autor, wird in seiner Dankesrede zum Friedenspreis in der Paulskirche an die internationale Gemeinschaft einen Appell richten: Bewegt euch, beendet den Krieg in Syrien und dem Irak. Kermani betont: “Erst wenn unsere Gesellschaften den Irrsinn nicht länger akzeptieren, werden sich auch die Regierungen bewegen."

Internationale Aktivitäten: Spätestens seit Mai 2015, als Deutschland Ehrengast des Turiner Buchsalons war, sind die deutsch-italienischen Literaturbeziehungen in ein neues Stadium getreten, was 2024 mit dem Gastland Italien in Frankfurt seinen Höhepunkt finden wird.

© Tamara Weise im Auftrag der Frankfurter Buchmesse

Zahlen & Fakten

  • 275791

    Besucher*innen

  • 7145

    Aussteller

  • 104

    Nationen

  • 4200

    Veranstaltungen

68. Frankfurter Buchmesse

19. bis 23. Oktober 

  • Europa steckt in der Krise, der Börsenverein kritisiert die Türkei 
  • THE ARTS+ präsentiert Ideen für die weltweite Kunst- und Kulturszene     
  • Die „Booknight“ bringt Literatur ins Bahnhofsviertel 

Gastland: Flandern und die Niederlande; Motto: "Dies ist, was wir teilen" 

Flandern und die Niederlande sind zum zweiten Mal nach 1993 Ehrengast der Frankfurter Buchmesse. Ihren Auftritt stellen sie unter das Motto „Dies ist, was wir teilen“ – was gut ins allgemeine Bild passt. Die europäische Kultur, die europäischen Werte: Schon bei der Eröffnung rücken sie ganz nach vorn, noch vor die prominenten Gäste, König Philippe von Belgien und seine Frau, Königin Mathilde, und König Willem-Alexander der Niederlande.  

Anlässlich des Festakts werden auf der Bühne des Congress Centers Gemeinsamkeiten in Europa thematisiert, geht es um Migration und Integration, Populismus und Nationalismus. „Es gilt, unser europäisches Gesellschaftsmodell gegen die Feinde der Freiheit zu verteidigen“, sagt EU-Parlamentspräsident Martin Schulz in seiner Rede, Heinrich Riethmüller argumentiert sogar noch etwas schärfer. Der Börsenvereinsvorsteher kritisiert die Verhaftung der Schriftstellerin Asli Erdogan durch die Türkei, betont: „Die Freiheit des Wortes ist für uns ein Menschenrecht und nicht verhandelbar.“ Im Weltempfang, der kulturpolitischen Plattform der Frankfurter Buchmesse, wird darüber dann ausladend diskutiert, u.a. mit Boualem Sansal, Elif Shafak, Ian Kershaw und Timothy Garton Ash. 

Von der Politik zur Kunst – die in Frankfurt zwar nie unwichtig war, allerdings auch nie so präsent. Mit THE ARTS+ entsteht jetzt in Halle 4.1 eine Messe in der Messe, als deren Co-Gründerin die bekannte Medienunternehmerin Christiane zu Salm fungiert. Die neue Plattform soll der digitalen Kunst- und Kulturwelt als Treffpunkt dienen, ihr Raum bieten, um auf internationaler Ebene über die Zukunft der Kreativwirtschaft zu reden: über Virtual und Augmented Reality zum Beispiel, die Blockchain, 3D-Kunst, Copyrightfragen, Aspekte der Kulturvermittlung. Zum Start reisen insgesamt 51 Aussteller und Partner an, dazu fürs Fachprogramm rund 150 Sprecher*innen – wie der britische Ausnahmekünstler David Hockney. Womit die Frankfurter Buchmesse 2016 sonst noch auffällt: Zusammen mit der Frankfurter Initiative Gastronomie e.V. lädt sie erstmals zu einer „Booknight“ ins Bahnhofsviertel, organisiert ein offizielles, zentrales Bloggertreffen, genannt „Blogger-Future-Place“ (im Orbanism Space), einen Thementag „Body, Mind, Soul“ und Sonderrechte für besondere Buchmessefans (dank Freundeskreis).

Internationale Aktivitäten: Während der Istanbuler Buchmesse im November findet eine Mahnwache vor dem Frauengefängnis statt, in dem u.a. die Autorin Asli Erdogan ohne Anklage eingesperrt ist.

© Tamara Weise im Auftrag der Frankfurter Buchmesse

Zahlen & Fakten

  • 278023

    Besucher*innen 

  • 7153

    Aussteller

  • 106

    Nationen

  • 4150

    Veranstaltungen

Weitere Highlights der Frankfurter Buchmesse 2016

  • „Booknight“ im Bahnhofsviertel
  • Bloggertreffen, genannt „Blogger-Future-Place“
  • Thementag „Body, Mind, Soul“
  • Sonderrechte für besondere Buchmessefans

69. Frankfurter Buchmesse 

11. bis 15. Oktober   

  • Angela Merkel und Manuel Macron drucken die Menschenrechtserklärung 
  • Penguin Random House sucht neue Zugänge zum Markt 
  • Bei Protesten gegen neurechte Verlage muss die Polizei einschreiten 

Gastland: Frankreich; Motto: "Francfort en français – Frankfurt auf Französisch"

Zum Auftakt reisen Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr französischer Amtskollege Emmanuel Macron an, der als Vertreter des Ehrengasts auch gleich hoch einsteigt: Macron hält eine hochambitionierte, denkwürdige Rede – betont die Kraft der Vielfalt, schlägt eine europaweite Bildungsoffensive vor, fordert dazu auf, eine Vision für ein kulturell und politisch geeintes Europa zu entwickeln. Als Ausrufezeichen gilt, dass er Merkel danach in die Gastlandausstellung einlädt, um gemeinsam mit ihr auf einer nachgebauten Gutenberg-Presse die erste Seite der Menschenrechtserklärung zu drucken. 

Markus Dohle, CEO von Penguin Random House, dem größten Verlagskonzern der Welt, hatte da seinen Punkt schon gemacht. Bei der Eröffnungspressekonferenz hatte er die Buchbranche als Gewinner der Digitalisierung vorgestellt und festgehalten: Nicht nur für sein eigenes Haus laufe es gerade besser denn je. Das findet allgemeine Zustimmung. Irritierend wirkt allein, was er – auf Abstand zum Buchhandel – zur Zukunft sagt: Verlage müssten neue Wege zu Leser*innen finden und ihre Zielgruppen deshalb direkt adressieren. 

Übergeordnetes Messethema ist zunächst die Politik, respektive die politische Lage im Land, die harte Gegenwart. Es kommt zu verstörenden Szenen: Rechte und linke Gruppen geraten so aneinander, dass die Polizei eingreift. Messedirektor Juergen Boos erklärt anschließend, man lehne die politische Haltung und verlegerischen Aktivitäten der Neuen Rechten entschieden ab, „Gewalt als Mittel der Auseinandersetzung verurteilen wir aufs Schärfste.“ Dennoch sei die Frankfurter Buchmesse auch hier dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung verpflichtet.

Auf die Bilanz wirkt sich der Konflikt nicht aus, jedenfalls nicht entscheidend. 2017 registriert die Buchmesse mehr Besucher*innen und mehr Aussteller, das BOOKFEST, mit dem sie jetzt ihre Aktivitäten in die Stadt hinein ausdehnt, erhält den erhofften Applaus, vor allem jedoch floriert das Rechtegeschäft. Im Literary Agents & Scouts Centre (LitAg) werden erstmals 500 Tische gebraucht, und nebenan läuft es ähnlich: Der Arbeitsbereich für Verlage, vor einem Jahr als Publishers’ Rights Corner (PRC) neu eingerichtet, umfasst jetzt 33 Tische – zum Start hatten 20 genügt.

Außerdem findet das noch unter Peter Weidhaas gegründete Frankfurt Fellowship zum 20. Mal statt. Bislang haben fast 400 junge Verleger*innen aus mehr als 60 Ländern am Frankfurt Fellowship teilgenommen und so ein bedeutendes internationales Netzwerk geschaffen.

© Tamara Weise im Auftrag der Frankfurter Buchmesse

Zahlen & Fakten

  • 286425

    Besucher*innen 

  • 7309

    Aussteller

  • 102

    Nationen

  • 4000

    Veranstaltungen

70. Frankfurter Buchmesse   

10. bis 14. Oktober 

  • „On the Same Page“ setzt ein Zeichen für die Menschenrechte 
  • Verlage und Buchhandlungen diskutieren über ihre Reichweite 
  • Auf der Agora entsteht mit dem Frankfurt Pavilion eine neue Bühne für die Literatur  

Gastland: Georgien; Motto: Georgia – Made by Characters 

Wie steht es um das Recht auf Meinungs- und Informationsfreiheit, wie um das Recht auf Bildung? Die Frankfurter Buchmesse hat diese Fragen schon oft gestellt, selten aber so entschlossen: 70 Jahre, nachdem die Vereinten Nationen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verkündet haben, initiiert sie gemeinsam mit dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels eine internationale Kampagne „On The Same Page“. Ziel ist es, den populistischen Tendenzen der Zeit etwas entgegenzusetzen. Die Kampagne will ein Bewusstsein dafür schaffen, was die Menschenrechte ausmacht und warum jede und jeder auch ganz persönlich gefordert ist, sie mutig zu verteidigen. 

Der Appell bildet thematisch die große Klammer, prägt das Messegeschehen. Dass die Buchmesse zum 70. Mal stattfindet, also auch selbst ein Jubiläum feiern könnte, interessiert da nur am Rande. Sowieso steht die Buchbranche, vor allem die deutsche, gerade vor einer Belastungsprobe: Bereits seit Januar hat sie die Reichweitenverluste dank einer Statistik des Börsenvereins schwarz auf weiß, noch in Frankfurt diskutiert man darüber. Trotz E-Books, trotz digitalem Vertrieb und aller Anstrengungen, in den sozialen Medien Fuß zu fassen, ist der Anteil der Bevölkerung, der fürs Lesen Geld ausgibt, drastisch gesunken. 

Die Buchmesse scheint davon ausgenommen. Sie gilt beim allgemeinen Publikum weiterhin als Nonplusultra, erreicht am Wochenende sogar ein Besucherplus. Aufsehen erregt u.a. der Frankfurt Pavilion auf der Agora – als neue Bühne für die von der Buchmesse kuratierten Lesungen. Dann die auf 8.000 Quadratmeter vergrößerte CosplayCorner in Halle 1, außerdem Georgien als Ehrengast. Georgien präsentiert sich als vielschichtige, moderne Kulturnation, lenkt dabei den Blick auf die 33 Buchstaben des georgischen Alphabets, die längst zum immateriellen Welterbe gehören. Das Motto des Gastlandauftritts: „Made by Characters“.  

© Tamara Weise im Auftrag der Frankfurter Buchmesse

Zahlen & Fakten

  • 285024

    Besucher*innen

  • 7503

    Aussteller

  • 109

    Nationen

  • 4000

    Veranstaltungen

71. Frankfurter Buchmesse

16. bis 20. Oktober 

  • In den Messehallen gibt es Stau  
  • Weitere Schwerpunkte erhalten einen neuen Zuschnitt 
  • Das Rechtegeschäft zieht in die Festhalle um 

Gastland: Norwegen; Motto: "Der Traum in uns" 

2019 kennt die Frankfurter Buchmesse nur eine Richtung: vorwärts. Zum ersten Mal seit knapp 20 Jahren zählt sie wieder mehr als 300.000 Besucher*innen, nichts trübt die Stimmung – allenfalls, dass aus den Messehallen regelmäßig Staus gemeldet werden.  

Das Messepublikum drängt zu den Podien, den Stars, den Partys, zum Festival THE ARTS+, das jetzt mit der B3 Biennale des bewegten Bildes kooperiert. Bei Frankfurt Influencer treffen sich Blogger*innen und Bookstagrammer, neu vorgestellt werden zudem Frankfurt Audio und Frankfurt Authors – obwohl die Themen, für die die Schwerpunkte stehen, schon länger auf der Messe präsent sind: Frankfurt Audio, untergebracht in Halle 3.1, bringt Hörbuchverlage und internationale Streamingplattformen zusammen, eine Etage tiefer, wo bisher die Self-Publishing Area ihren Platz hatte, geht Frankfurt Authors an den Start, konzipiert als Ort rund ums Schreiben. Nach ähnlichem Muster waren im Jahr davor bereits die Schwerpunkte Bildung (seitdem Frankfurt EDU) und Kinder- und Jugendmedien (Frankfurt Kids) neu geordnet worden – um deren Erfolg zu unterstreichen. 

Ihr Profil als größtes Branchen-Event der Welt schärft die Frankfurter Buchmesse noch anders: Indem sie konstant auf gesellschaftspolitische Probleme hinweist, diesmal vor allem, indem sie mit „Create Your Revolution“ eine Fortsetzung für die Kampagne „On The Same Page“ organisiert. Menschenrechte und Meinungsfreiheit, die Klimakrise als Frage der Kultur, das Leben mit Maschinen, Diversität, Identität: „Create Your Revolution“ spiegelt die unzähligen Debatten der Gegenwart wider, wählt dafür eine globale Perspektive, fordert zum Handeln auf. Wie ernst es der Messe selbst damit ist, wird sich nicht zuletzt bei einer Protestaktion unter Regenschirmen auf der Agora zeigen – gewidmet dem vor vier Jahren entführten Verleger und Buchhändler Gui Minhai, gerichtet gegen China. 

Dass nebenan ein großer Umzug stattgefunden hat, bleibt dagegen fast unbemerkt: Da ihre Fläche in Halle 6.3 gerade modernisiert wird, wechseln das Literary Agents & Scouts Centre (LitAg) und der Arbeitsbereich für Verlage, die Publishers Rights Corner, in die Festhalle. 

Außerdem: In diesem Jahr feiern die internationalen Aktivitäten der Frankfurter Buchmesse – unter dem Motto „German Stories” – ihren ersten öffentlichen (Gastland-)Auftritt auf der Taipeh International Book Exhibition.

© Tamara Weise im Auftrag der Frankfurter Buchmesse

Zahlen & Fakten

  • 302267

    Besucher*innen

  • 7450

    Aussteller

  • 104

    Nationen

  • 4000

    Veranstaltungen

Highlight-Formate der Frankfurter Buchmesse

  • Frankfurt Audio
  • Frankfurt Authors
  • Frankfurt EDU
  • Frankfurt Kids
  • Frankfurt Influencer
  • Create Your Revolution

Chronik 2020-2022

72. Frankfurter Buchmesse 

14. bis 18. Oktober 

  • Corona-Pandemie verhindert Begegnungen vor Ort  
  • Im Internet erreicht die Frankfurter Buchmesse ein Millionenpublikum 
  • „Signals of Hope“ wirbt für das Prinzip Hoffnung 

Gastland: Kanada; Motto: "Singular Plurality" 

Fünf Wochen, bevor es hätte losgehen sollen, muss die Frankfurter Buchmesse allen absagen, die noch auf eine Präsenzveranstaltung hofften. Sie schaltet in den Notbetrieb: Die neuen Corona-Beschränkungen lassen ihr gar keine andere Wahl. Statt weiter an einer großen hybriden Ausgabe zu arbeiten, wie ursprünglich geplant, konzentriert sie sich in ihren Vorbereitungen jetzt auf Plan B: Die Weltmesse zieht ins Internet.  

Insgesamt 260 Stunden Programm wird es geben, man ist ununterbrochen im Austausch, erlebt Lesungen, Fachvorträge, Konferenzen, kuratierte Networking-Sessions. Litprom organisiert gemeinsam mit der KfW Stiftung das Symposium „African Perspectives – Writers and Literary Experts in Conversation“, THE ARTS+ sendet, die ARD streamt Literatur, live aus der ansonsten leeren Festhalle. Wer die abendlichen Bargespräche vermisst, den „Frankfort Factor“, schaut im digitalen Salon „The Hof“ vorbei, und wer Rechte und Lizenzen handeln will, bei Frankfurt Rights: Die Buchmesse hat ihre bestehende Plattform erweitert, baut hier auf IPR Licence, wo sie seit 2016 Mehrheitsgesellschafterin ist. Außerdem setzt sie, um ihrem gesellschaftspolitischen Auftrag gerecht zu werden, eine Initiative in Gang, die für Zusammenhalt wirbt: „Signals of Hope“. Es wird poetisch, es wird auch gelacht, vor allem aber wird über die aktuelle Lage gesprochen – über die Covid19-Krise und den Klimawandel, über die Menschenrechte, Gender-Diversität, Feminismus und strukturellen Rassismus. Über das Prinzip Hoffnung. 

Dass die Buchmesse damit ein Millionenpublikum erreicht, klar. Messedirektor Juergen Boos sagt zum Abschluss: „Unsere Strategie, mit starken Medienpartnern zu kooperieren und mit unserem Angebot dort präsent zu sein, wo sich unsere Zielgruppen aufhalten, sei es auf unseren eigenen Plattformen oder in den Sozialen Medien, ist aufgegangen.“ Welch ungeheure Kraftanstrengung für diesen Erfolg notwendig war und wie die Buchmesse nun wirtschaftlich dasteht, nachdem sie ihre Angebote samt und sonders kostenfrei stellte: Dazu äußert er sich zunächst nicht. Im Juli hatte der Bund vier Millionen Euro freigegeben, die Summe konnte kaum reichen – schon gar nicht langfristig: Für die Frankfurter Buchmesse endet das Jahr 2020 mit einer ebenso umfassenden wie schmerzhaften Restrukturierung, inklusive Stellenabbau. 

© Tamara Weise im Auftrag der Frankfurter Buchmesse

Online-Zahlen & -Fakten

  • 1500000

    Zuschauer*innen beim BOOKFEST Digital via Facebook

  • 200000

    User*innen auf buchmesse.de

  • 3644

    Veranstaltungen

Frankfurt Rights Plattform

  • 400000

    Titel auf der Frankfurt Rights Plattform

  • 31100

    innerhalb der FBM20-Mitgliedschaft hochgeladene Titel

  • 4165

    registrierte Ein- und Verkäufer*innen

Match-Making

  • 9542

    Kontaktanfragen

  • 3153

    Matches

  • 2388

    Teilnehmer*innen

73. Frankfurter Buchmesse

20. bis 24. Oktober 

  • Aussteller und Publikum kehren zurück, digital geht es weiter 
  • Die Branche diskutiert über Corona-Folgen und hält sich an positiv Beispiele 
  • Nach einem Boykottaufruf kommt es zur Kontroverse 

Gastland: Kanada; Motto: "Singular Plurality (II)" 

In Übersee endet eine Ära: Die größte Buchmesse der USA, die BookExpo America (BEA), hat mitten in der Pandemie ihren Betrieb eingestellt. Entsprechend nervös schaut man nun auf Frankfurt, auf das, was hier in Planung ist. Lässt sich tatsächlich schon wieder eine Präsenzmesse realisieren? Noch dazu: Ist eine hybride Veranstaltung wirtschaftlich überhaupt sinnvoll, würde die internationale Branche das in dieser Größenordnung mitmachen? 

Frankfurt 2021 liefert die Antworten. Die Messe präsentiert sich unter dem Motto „Re:connect“ und startet bereits im September in die Umsetzung – mit einem mehrstufigen digitalen Fachprogramm, mit der Frankfurt Conference, den Masterclasses und „The Hof“. Es geht um Strategien in Zeiten von Covid-19, positive Beispiele, im Fokus steht, Erfolge sichtbar zu machen und den Austausch in Gang zu halten. Für die Präsenzmesse, die am 20. Oktober beginnt, gelten dann strengste Hygienevorschriften. Alles wirkt luftiger, da pro Tag nur maximal 25.000 Menschen aufs Messegelände dürfen, auch ungewohnt leer. Kanada erhält Applaus für seinen Ehrengastauftritt im Forum, das Publikum zieht durch die Hallen, die Aussteller, viele an Gemeinschaftsständen, atmen durch. Dass aus Sicherheitsgründen keine öffentlichen Veranstaltungen möglich sind, beklagen zwar manche, hat jedoch nicht nur Nachteile: Lesungen, Preisverleihungen, Fachdiskussionen und gesellschaftspolitische Debatten werden jetzt in großer Zahl weltweit live ins Netz gestreamt – direkt aus dem „Frankfurt Studio“.  

Die Buchmesse investiert damit in ihre Reichweite und wird, insbesondere digital, völlig neu wahrgenommen. Vor Ort überwiegt die Wiedersehensfreude, beobachtet Messedirektor Juergen Boos und erklärt in seiner Bilanz, dass Frankfurt 2021 die hohen Erwartungen nicht nur erfüllt, sondern weit übertroffen habe. Dem Boykottaufruf gegen einen Verlag der „Neuen Rechten“, der online für Streit gesorgt und mehrere Autor*innen schließlich zur Absage bewegt hatte, begegnet er mit Achtung: „Als Veranstalter der größten internationalen Buchmesse verwahren wir uns mit aller Schärfe gegen die Instrumentalisierung unserer Veranstaltungen. Die Freiheit des Wortes ist für uns nicht verhandelbar.“ 

© Tamara Weise im Auftrag der Frankfurter Buchmesse

Zahlen & Fakten

  • 130000

    User*innen auf buchmesse.de

  • 73500

    Besucher*innen auf dem Messegelände  

  • 2013

    Aussteller

  • 80

    Nationen

74. Frankfurter Buchmesse

19. bis 23. Oktober

  • Krieg und Krisen dominieren die Gespräche
  • Übersetzer*innen treten in die erste Reihe
  • Awareness-Team geht gegen Diskriminierung vor

Gastland: Spanien; Motto: "Spilling Creativity - Creatividad desbordante - Sprühende Kreativität"

Spanien baut im Forum eine bunte, poetische, immersive Erlebniswelt, präsentiert sich viersprachig: als wortgewaltige Nation. Ziel war es, mit dem Ehrengast-Pavillon einen Ort der Begegnung zu schaffen, vor allem einen Ort der Reflexion. Beides gelingt: Das Publikum versteht die Botschaft auf Anhieb und lässt sich treiben. Wann hatte man solche unbeschwerten Momente zuletzt, ohne Krieg und Krisen?

Auf dem Messegelände herrscht ansonsten reger Betrieb, als markanteste Veränderung gilt, dass jetzt ein Awareness-Team in den Hallen unterwegs ist; die Messe reagiert damit auf den Boykott und die Diskrimierungsvorwürfe aus dem Vorjahr. Viele Aussteller kehren indessen zurück – es zeigen sich zwar Leerstellen, unverkennbar ist jedoch, wie sehr Frankfurt als Event die internationale Buchbranche immer noch triggert. Es wird wieder verhandelt: Im Literary Agents & Scouts Centre (LitAg), diesmal untergebracht in Halle 4.2,  treffen sich rund 300 Agenturen, mehr als 450 Arbeitsplätze entstehen. Es wird wieder diskutiert, etwa über die Folgen der Papiernot, der Inflation, der steigenden Energiepreise. Und es wird auch wieder hofiert: Unzählige Autor*innen stellen ihre Werke vor und nutzen die Gelegenheit zum Dialog. Dazu rücken die Übersetzer*innen in den Fokus, gut sichtbar schon am Messemotto: „Translate. Transfer. Transform.“

Zur Politik, die thematisch in diesem Jahr den Schwerpunkt bildet – nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine. Wolodymyr Selenskyj, der ukrainische Präsident, sendet per Video eine mahnende Grußbotschaft, in der er das Messepublikum auffordert, bewusst gegen Halbwahrheiten und falsche Überzeugungen zu arbeiten. „Wissen ist die Antwort“, lautet sein Appell – den der Friedenspreisträger Serhij Zhadan in seinen Reden dann entschlossen weiterdreht. Raum für alle anderen Probleme bleibt trotzdem, für Klimarisiken, wozu die Messe gemeinsam mit den Vereinten Nationen eigens die Kampagne „Act now!“ in Gang setzt. Darüber hinaus landen erneut Fragen der Diversität und zu den Spaltungstendenzen in der Gesellschaft auf der Agenda, stets aus einem globalen Blickwinkel. Die Proteste im Iran, ausgelöst durch den Tod der 22-jährigen Mahsa Jina Amini, finden besondere Aufmerksamkeit.

© Tamara Weise im Auftrag der Frankfurter Buchmesse

Zahlen & Fakten

  • 93000

    Fachbesucher*innen

  • 87000

    Privatbesucher*innen

  • 4000

    Aussteller

  • 95

    Nationen