Die Literaturszene lebt von Lesungen und Diskussionen mit interessanten, möglichst medientauglichen Persönlichkeiten. Viel schwieriger ist es, Leser und Verlage für verstorbene Autor*innen zu finden. Noch schwieriger, dem jungen Lesepublikum alte Klassiker schmackhaft zu machen, die zu früh im Schulprogramm standen und ohne Kontextverständnis gelesen und interpretiert werden mussten. Ein Klassiker dieser Art ist Ivan Cankar (1876—1918), dessen Kurzerzählung Eine Schale Kaffee vermutlich immer noch dazu beiträgt, dass Schüler später nie mehr irgendetwas von Cankar lesen werden. Die dennoch hochgehaltene Popularität dieser Erzählung verleitete aber auch manchen Übersetzer und Vermittler slowenischer Literatur dazu, in Cankar, diesem großartigen Autor der europäischen Moderne, vor allem den Verfasser ergreifender, sentimental-intimer Geschichten über die leidende slowenische Mutter zu suchen. Daneben blieben ganze Epochen der slowenischen Literatur wie die Zwischenkriegszeit unbeachtet, obwohl gerade ihre Kenntnis den deutschsprachigen Lesern essentiellen historischen Kontext an die Hand gegeben hätte, der für das Verständnis der slowenischen Literatur unverzichtbar ist. Durch zwei kürzlich erschienene Publikationen – die zweibändige Gesamtausgabe Slavko Grum: Werke sowie die Anthologie slowenischer Kurzprosa der Zwischenkriegszeit Die Raupe – hat sich der Klagenfurter Verlag Johannes Heyn darangemacht, diese Vermittlungslücke zu schließen. Es gibt aber auch lebende Klassiker, wie etwa Florian Lipuš, dessen Roman Die Verweigerung der Wehmut gerade bei Suhrkamp erschienen ist. Warum man heute noch Klassiker braucht, wie man klassische Titel ins Ausland bewirbt und verkauft, was Klassiker heute bedeuten können und wer sie noch liest, darüber sprechen der Rechtevertreter des Verlags Suhrkamp Jan Dornemann, der Übersetzer und Herausgeber Erwin Köstler und die Übersetzerin Amalija Maček. Das Gespräch wird auf Deutsch geführt.
Interview | Gespräch
Ludwig-Erhard-Anlage 1
60327 Frankfurt am Main
Deutschland