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Margit Walso

© Eivind Røhne

Als Direktorin von NORLA initiierte Margit Walsø den Ehrengast-Auftritt von Norwegen auf der Frankfurter Buchmesse 2019 und gestaltet diesen nun aktiv mit. Im Interview spricht Sie über ihre ganz persönliche Beziehung zur Frankfurter Buchmesse, die Highlights des Ehrengast-Auftritts, und den Willen einer jungen Generation von norwegischen Autorinnen, etwas zu bewegen. 

 

Frau Walsø, was ist Ihr ganz persönlicher Wunsch für norwegische Autoren und die norwegische Literatur bei diesem kulturellen Großevent?

Norwegische Autoren werden auf der Buchmesse auf ein interessiertes Publikum treffen; auf deutsche Leser ebenso wie auf Fachleute aus der internationalen Buchbranche. Als Autorin wünsche ich mir natürlich, dass dieser kulturelle Austausch fruchtbar und inspirierend für ihre Arbeit ist. Ich bin mir sicher, dass unsere Präsenz als Ehrengast auf der Frankfurter Buchmesse das Literaturleben in Norwegen für die Zukunft weiter stärken wird. Schon jetzt wurden mehr als 450 Bücher aus und über Norwegen seit September letzten Jahres veröffentlicht. Besonders freut mich, dass viele davon Bücher von und mit starken Frauenstimmen sind, die auch auf der Messe vertreten sind: Lotta Elstad wird mit Vigdis Hjorth über Feminismus in der Erzählliteratur sprechen und die Autoren des erfolgreichen Buches "Shameless" werden da sein. Parallel zur Messe, wird zudem im Literaturhaus in Oslo eine Performance mit dem Titel "The Political Body" mit der außergewöhnlichen Autorin Maria Kjos Fonn gezeigt werden. Und last but not least sind wir sehr stolz, dass Margaret Atwood das großartige Kulturprojekt "The Future Library" vorstellen wird.

 

Erst als erfolgreiche Autorin und nun als Organisatorin – wie erleben sie die Frankfurter Buchmesse diesen zwei unterschiedlichen Perspektiven?

Die Frankfurter Buchmesse ist – aus Sicht als Direktorin von NORLA, die mit ihrem Team an vielen Vermittlungsaktivitäten zwischen der norwegischen Verlagsbranche und internationalen Verlagen, Übersetzern und Literaturfestveranstaltern beteiligt ist – der wichtigste Ort im ganzen Jahr. Bei meinen ersten Besuchen auf der Messe, zunächst als Redakteurin für Belletristik in den 90er Jahren, später dann als Verlegerin des Samlaget-Verlags, war ich überwältigt davon, die internationale Literaturwelt zusammenkommen zu sehen. Ich empfand und empfinde es immer noch als so inspirierend, Menschen zu treffen, die sich für Bücher aus aller Welt begeistern. Die Buchmesse mit ihren vielen Ideen und Geschichten inspiriert mich genauso als Autorin, auch wenn ich in dieser Rolle nie auf der Buchmesse war. Ich weiß, dass die Messewoche für viele Autoren und Autorinnen sehr anstrengend und voll ist, bin mir aber sicher, dass unsere norwegischen Autoren als Ehrengast herzlich willkommen sein werden. Der norwegische Pavillon im Forum wird ein Ort für alle Besucherin oder Besucher sein; ein schöner Treffpunkt, um Lesungen und Gespräche zu hören, Menschen zu treffen, sich auszutauschen und Literatur und Musik zu hören.

 

Was macht, Ihrer Meinung nach, den weltweiten Erfolg norwegischer Literatur aus?

Das Motto von Norwegens Ehrengastauftritts ist Der Traum in Uns/The Dream We Carry, das aus dem beliebten Gedicht "Das ist der Traum" des norwegischen Dichters Olav H. Hauge stammt. Die letzte Zeile des Gedichts formuliert die Hoffnung, dass „wir in einer Morgenstunde gleiten in eine Bucht, um die wir nicht wußten.“ Das ist es, was gute Literatur bei ihren Lesern und Leserinnen auslöst: Sie öffnet ihre Herzen und bringt sie dorthin, wo sie noch nie zuvor waren. Außerdem finde ich, zeichnet sich norwegische Belletristik, Sachbuch und Kinder- und Jugendliteratur durch ihre literarische Qualität, Experimentierfreude und Diversität von Ausdrücken und Themen aus - gute Geschichten, die es nicht vermeiden, Themen zu diskutieren, die sowohl schwierig als auch wichtig sind. Meinungsfreiheit und Gleichheit beeinflussen unsere Literatur ganz klar. Und schließlich haben wir ein gut funktionierendes System in Norwegen, das Leser und Schriftsteller gleichermaßen fördert, was eine hohe Zahl an Erstautoren zur Folge hat.

 

Maja Lunde, Erika Fatland, Åsne Seierstad, Maria Kjos Fonn - einer der Schwerpunkte des Ehrengastauftritts ist es, junge Autorinnen zu Wort kommen zu lassen. Was treibt diese Generation starker Stimmen Ihrer Meinung nach an?

Laut dem Global Gender Gap Report 2018 rangiert Norwegen auf Platz zwei (nach Island), wenn es um die Gleichstellung von Männern und Frauen geht. Norwegische Schriftstellerinnen erforschen alle Facetten der Literatur und der heutigen Welt und schreiben über alles, was sie interessant und wichtig finden, ohne dabei betonen zu müssen, dass sie Frauen sind. Diese junge Generation starker Autorinnen handelt selbstbewusst und wird von dem Wunsch getrieben, ihre Chancen und Fähigkeiten als Autorinnen zu nutzen, um die Zukunft aktiv mitzugestalten. Sie reisen um die Welt, schreiben über Klimafragen und die globale Situation und untersuchen die individuellen Geschichten zwischen den Geschlechtern, die verletzliche Situation ihrer Generation und die der Kinder in der Gesellschaft. Sie wollen mit ihrem Schreiben einen Unterschied machen. Andererseits müssen Autorinnen manchmal zusätzliche Anstrengungen unternehmen, um gehört zu werden, und können ihre Freiheit nicht als selbstverständlich ansehen. Das Bewusstsein, dass dieser Kampf um Rechte ein kontinuierlicher Prozess ist, fundiert diesen Fokus unseres Auftritts auf der Frankfurter Buchmesse.

 

Vielen Dank für das Gespräch, Frau Walsø!

 

Mehr Informationen rund um den Ehrengast finden Sie auf unserer Ehrengast-Website: https://www.buchmesse.de/besuchen/privatbesucher/ehrengast(Öffnet neues Fenster)

Die Website von NORLA erreichen Sie unter folgendem Link: https://norway2019.com/de(Öffnet neues Fenster)