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Unterhaltung

Ergreifende Geschichten für unvergessliche Momente – die großen Leseerlebnisse des Herbstes auf einen Blick.

 

 

Im Fokus: Reise ins vorige Jahrhundert

Sinnliche Schmöker und Sittengemälde

Ob sie in Berlin oder Hamburg spielen, ob in Essen oder Oberbayern: Große Romanserien führen mitten rein ins vorige Jahrhundert. Die Mehrteiler erzählen meist aus Frauensicht von Schicksalen rund um die Weltkriege und ihren Folgen. Lebenspralle Geschichten von Träumen und Trümmern, Familien und Firmen.

Ihre Jahrhundert-Trilogie machte süchtig: Wer nach mehr grandioser Unterhaltung von Bestsellerautorin Carmen Korn lechzt, der kann sich auf ihre „Drei-Städte-Saga“ freuen. „Und die Welt war jung“ macht den Auftakt. In Hamburg, Köln und San Remo beginnen die 1950er Jahre trotz aller Wunden mit großer Sehnsucht.

Frankfurter Buchmesse 2020 Themenwelten Unterhaltung Und die Welt war jung

Carmen Korn: Und die Welt war jung
ROWOHLT Kindler, 640 Seiten, 22,- €, erscheint am 22.9.

Der Mann verschollen, das Zusammenleben mit der Schwiegermutter ein Graus: Auch Katharina träumt nach dem Krieg vom besseren Leben. Vom Aufbruch bis hin zum Aufstand der Bergleute gegen das Zechensterben bietet Eva Völlers „Ruhrpott-Saga“ viel Lokalkolorit. Im zweiten Band „Ein Gefühl von Hoffnung“ ist in den 50ern alles im Wandel.

Frankfurter Buchmesse 2020 Themenwelten Unterhaltung Ein Gefühl von Hoffnung

Eva Völler: Ein Gefühl vom Hoffnung
Lübbe, 448 Seiten, 14,90 €

Zwischen Wirtschaftswunder und Hippiezeit huldigt Stephanie Schusters Trilogie-Start rund um einen Tante-Emma-Laden am Starnberger See weiblicher Stärke: „Die Wunderfrauen“ wagen viel. Ob Ladeninhaberin, Arztgattin, Lehrschwester oder Flüchtlingsfrau: Sie wollen durchstarten.

Frankfurter Buchmesse 2020 Themenwelten Unterhaltung Die Wunder Frauen

Stephanie Schuster: Die Wunderfrauen – Alles, was das Herz begehrt
FISCHER Taschenbuch, 480 Seiten, 15,- €

Auch „Die Schwestern vom Ku’Damm“ kämpfen um unabhängige Wege. Brigitte Riebes erfolgreiche 50er-Jahre-Trilogie führt die Töchter der Berliner Kaufhaus-Dynastie Thalheim bis in die Sechziger. Im großen Serienfinale mit dem Titel „Tage der Hoffnung“ wirbelt mit Florentine die Jüngste durch die Ära von Mauerbau und Rebellion.

Frankfurter Buchmesse 2020 Themenwelten Unterhaltung Tag der Hoffnung

Brigitte Riebe: Die Schwestern vom Ku’damm – Tage der Hoffnung
ROWOHLT Wunderlich, 464 Seiten, 20,- €

Weg mit dem Korsett, Konfektion für alle: Marlene Averbeck würdigt in „Das Lichtenstein – Modehaus der Träume“ die große Rolle der Modestadt Berlin. Ihre Trilogie rund um das Warenhaus beginnt kurz vor dem Ersten Weltkrieg und spannt den Bogen bis hin zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Ein verheißungsvoller Romanserienauftakt und ein magischer Mikrokosmos mit „Berliner Chic“.

Frankfurter Buchmesse 2020 Themenwelten Unterhaltung Modehaus der Träume

Marlene Averbeck: Das Lichtenstein – Modehaus der Träume
dtv, 480 Seiten, 15,90 €

Das Leben ihrer Tante, einer Richterin, und ebenso das ihrer Mutter, einer Modemacherin, inspirierten Katharina Fuchs zum Nachkriegsroman „Neuleben“. Schon den Vorgängertitel „Zwei Handvoll Leben“, in dem sie den Biografien ihrer Großmütter nachspürt, trug der Wunsch, starke Frauen zu würdigen, die auch beim Marsch durch die Institutionen allen Widerständen trotzen.

Frankfurter Buchmesse 2020 Themenwelten Unterhaltung Neuleben

Katharina Fuchs: Neuleben
Droemer, 448 Seiten, 19,99 €

Drei Fabrikantentöchter in Altena, Träume und Tragödien in den D-Mark-Jahren: Peter Pranges Bestseller „Unsere wunderbaren Jahre“ begeisterte auch verfilmt ein Millionenpublikum. Sein neuer Roman „Winter der Hoffnung“ widmet sich dessen Vorgeschichte. Not und Kälte nach dem Krieg prägen das Szenario. Aber Weihnachten naht.

Frankfurter Buchmesse 2020 Themenwelten Unterhaltung Winter der Hoffnung

Peter Prange: Winter der Hoffnung
FISCHER Scherz, 336 Seiten, 20,- €

Corinna Bomann schickt ihre Berliner Heldin Sophia in den 1930er Jahren von Paris nach New York. „Die Farben der Schönheit“, dreiteilige Saga über die junge Chemikerin, bietet weit mehr als Herz, Schmerz und Faltencreme. Im zweiten Band „Sophias Träume“ konkurrieren Helena Rubinstein und Elizabeth Arden im „Puderkrieg“ miteinander. Auch dies ein sinnlicher Schmöker, aber ein ebenso ungeschminktes Sittengemälde über ein Frauenbild im Wandel.

Frankfurter Buchmesse 2020 Themenwelten Unterhaltung Sophias Träume

Corina Bomann: Die Farben der Schönheit – Sophias Träume
Ullstein, 576 Seiten, 14,99 €

Text: Petra Mies

Buchempfehlung

Frankfurter Buchmesse 2020 Themenwelten Unterhaltung Menschliche Dinge

Karine Tuil: Menschliche Dinge
Übersetzt von Maja Ueberle-Pfaff. Claassen, 384 Seiten, 22,- €

Sittengemälde unserer Zeit

Eine Pariser Hochglanzfamilie zerbricht. Schonungslos schildert Karine Tuil den Absturz der Farels. In ihrem gefeierten Roman seziert sie gesellschaftliche Abgründe und zerstörerische Beziehungen. Ob Ehe, Sex oder Karriere: „Menschliche Dinge“ reißt alle Fassaden ein.

Vater, Mutter und Sohn Farel schwimmen ganz oben. Ein Trio, fast zu schön, erfolgreich und klug, um wahr zu sein. Aber die französische Autorin Karine Tuil lässt es von Anfang an im noblen Gebälk knirschen.
Da ist Mutter Claire, erfolgreiche Essayistin, die ihren Aufstieg auch ihrem viel älteren Mann zu verdanken hat. Deshalb erduldet sie Lügen und andere Schmiermittel der „haltbaren Ehe“ als würdevolle Gattin. Bis sie einem attraktiven Lehrer begegnet und dem explosivsten Brandbeschleuniger überhaupt erliegt: Sex.
Fremdgehen ist ihrem Mann Jean, dem berühmten Politikjournalisten, schon immer vertraut. Welche Frau kann dem TV-Star schon widerstehen? Aber nichts darf nach draußen dringen, übrigens auch nichts von seiner Zweitfrau, mit er schon ewig ein Doppelleben führt. Ansonsten dient einfach alles in diesem narzisstischen Dasein nur einer Liebe – der Karriere.
Über alle Gräben hinweg verbindet das Pariser Ehepaar jedoch die Liebe zu Sohn Alexandre, einem attraktiven Elite-Studenten. Doch dann steht die Polizei vor der Tür: Eine junge Frau hat Anzeige wegen Vergewaltigung erstattet.
Damit zieht Tuil den ultimativen Zünder für ein Inferno.
Tuil, die für ihr Sittengemälde unter anderem mit dem „Prix Goncourt des lycéens“ ausgezeichnet wurde, bringt die Verlogenheit der Gesellschaft vor Gericht. Vor dem Hintergrund der #MeToo-Debatte geißelt die Autorin männliche Gewalt und Machtgier ebenso wie verblendetes Leistungsstreben und mediale Selbstdarstellung. Ein ebenso aufrüttelnder wie mitreißender Roman.

Text: Petra Mies

Im Gespräch: Antonia Riepp

„Wie gerne wären wir wie die Italiener!“

Simona, eine Allgäuer Landschaftsgärtnerin, reist nach einer Erbschaft ihrer Großmutter in die italienischen Marken. Antonia  Riepps deutsch-italienische Familiensaga „Belmonte“ bewegt mit der Suche der jungen Frau nach Identität und Heimat.

Antonia Riepp

Frau Riepp, die Frauen in Ihrem Roman „Belmonte“ erfasst wie so viele Reisende eine freudige Beschwingtheit, wenn sie den Brenner hinabfahren – was fasziniert so an „Bella Italia“?

Antonia Riepp: Die Anfänge der Italien-Sehnsucht der Deutschen muss man wohl schon bei Goethe suchen. Spätestens seit dem Massentourismus der 50er Jahre wurde sie auch ein Massenphänomen, das sich bis heute vererbt hat. Seltsamerweise hat seitdem kaum ein Land an diesen Zauber Italiens heranreichen können. Man kommt bei der Suche nach Gründen wohl nicht ohne Klischees aus: Sonne, Strand, Meer, gute, einfache Küche – und jene Leichtlebigkeit, die wir ernsten, vergrübelten Deutschen den Italienern unterstellen, auch wenn diese größtenteils lediglich aus der Not des ständigen Krisenmanagements geboren ist. Wir Deutschen mögen, wenn wir ehrlich sind, uns selbst und unseresgleichen ja im Grunde nicht sonderlich – was auch wieder typisch deutsch ist. Wie gerne wären wir wie die Italiener oder die Franzosen! Kaum überm Brenner, hoffen wir, ein Stück von dieser Leichtigkeit zu gewinnen, wenn wir nur tief genug in diese andere Kultur eintauchen. Ob’s gelingt? Wohl eher selten …

 

Ihre junge Heldin Simona fühlt sich als Allgäuerin mit italienischen Vorfahren nirgends richtig zugehörig: Macht es ihr die globalisierte Welt leichter, in und mit mehreren Kulturen zu leben?

Auf jeden Fall. Zumal es zwischen Italien und Deutschland heute zwar, zum Glück, kulturelle Unterschiede, aber kein „Gefälle“ gibt, wie es noch zu Zeiten von Simonas Großmutter Franca der Fall war, als italienische Gastarbeiter von Deutschen mit Misstrauen beäugt wurden.

 

Simona befürchtet, dass ganz Europa dabei sei, seine Utopien zu verlieren. Sehen Sie das auch so skeptisch?

Als ich „Belmonte“ schrieb, war Corona noch in weiter Ferne und Europa, wie ich fand, auf dem Höhepunkt der Dekadenz und Zerstrittenheit, dank zahlreicher nationaler Egoismen. Die Krise, so schlimm sie einerseits war und ist, hat uns wieder etwas zusammenrücken lassen. Das gibt mir Hoffnung. Dennoch sollten wir Europäer uns langsam von dem Gedanken verabschieden, das Zentrum der Welt zu sein und Utopien jenseits von zerstörerischem Wachstum und Ausbeutung des Planeten entwickeln.

Antonia Riepp: Belmonte

Antonia Riepp: Belmonte
Piper, 496 Seiten, 15,- €

Sie schildern Frauenleben voller Geheimnisse. Warum fällt es in Familien mitunter so schwer, nach der Wahrheit zu fragen?

Menschen sind Meister im Verdrängen. Ohne Notwendigkeit gesteht niemand gerne seine Schmach, seine Verfehlungen und Niederlagen ein. Besonders in Fällen von Vergewaltigung, sexuellem Missbrauch etc. neigen Opfer dazu, das Geschehen aus Scham totzuschweigen. Erst recht gegenüber den nächsten Verwandten. Ich denke, dies geschieht aus Angst, für seine Töchter, Söhne und andere nicht mehr dieselbe Person zu sein, nachdem man seine Versehrungen offengelegt hat. Leider werden die Schäden, die das Schweigen anrichtet, ebenfalls gerne verdrängt.

 

Ihr Roman feiert die Landlust und das schöne Zuhause. Rettet der Rückzug auf die private Scholle vor der verrohenden Welt?

Sofern man sich den Rückzug leisten kann, denke ich, schon, ja. Aber es gehört ehrlicherweise auch eine Portion Ignoranz und Scheuklappendenken dazu. Ich kann es niemandem verübeln, der das Bedürfnis verspürt, eine Weile oder auch länger ins heimische Idyll abzutauchen. Kenne ich auch nur zu gut. Der Trend dazu ist zweifellos vorhanden, und das nicht erst seit Corona. Je komplizierter die Welt wird, desto größer der Wunsch nach Einfachheit und Kontemplation im privaten Umfeld. Oder mit Hilfe eines Romans…

Interview: Petra Mies

Antonia Riepp ist das Pseudonym einer Bestseller- und Drehbuchautorin aus dem Allgäu. Seit mehr als 20 Jahren veröffentlicht sie Spannungsromane. „Belmonte“ ist ihr erster Familienroman.

Lesetipps

Frankfurter Buchmesse 2020 Themenwelten Unterhaltung Wir holen alles nach

Martina Borger: Wir holen alles nach
Diogenes, 304 Seiten, 22,- €

Martina Borger: Wir holen alles nach
Diogenes, 304 Seiten, 22,- €

Unheimlicher Verdacht
Ellen lebt zufrieden. Die Rentnerin engagiert sich als Deutschlehrerin für Migrantinnen, trägt Zeitungen aus und gibt Nachhilfe. Ihren Schüler Elvis mag sie besonders. Der sensible Achtjährige verbringt sogar zwei Ferienwochen bei ihr. Seine geschiedene Mutter Sina arbeitet wie verrückt in einer Agentur, und auch ihrem neuen Partner Torsten fehlt, was Ellen dem Jungen bietet: Zeit. Aber irgendwas bringt Elvis aus dem Lot. Ein übler Verdacht entsteht. Martina Borgers lebenskluger, aufwühlender Roman zeigt, wie verletzlich das Vertrauen in der Liebe sein.

Frankfurter Buchmesse 2020 Themenwelten Unterhaltung Die Mitte ist ein guter Anfang

Franka Bloom: Die Mitte ist ein guter Anfang
ROWOHLT Taschenbuch, 448 Seiten, 11,- €

Franka Bloom: Die Mitte ist ein guter Anfang
ROWOHLT Taschenbuch, 448 Seiten, 11,- €

Das Leben auf dem Prüfstand
Gold mit einem Aquamarin in silberner Fassung: Was für ein Ring! Ausgerechnet zu ihrem Neunundvierzigsten kriegt Eva einen Heiratsantrag. Seit mehr als zwei Jahrzehnten sind Arne und sie zusammen. Auch wenn ihre Tochter Frida gerade schwer pubertiert, kommen sie ganz gut klar. Doch ihre Unabhängigkeit ist der Restauratorin heilig: „Ganz ehrlich? Mir ist die Ehe zu gefährlich.“ Mitten in Evas Wechseljahren stellt Arnes Antrag alles auf den Prüfstand. Franka Blooms turbulenter Roman über Daseinsfragen in der Lebensmitte reißt mit: selbstironisch, warmherzig und witzig.

Frankfurter Buchmesse 2020 Themenwelten Unterhaltung Das Buch Ana

Sue Monk Kidd: Das Buch Ana

Übersetzt von Judith Schwaab

btb, 576 Seiten, 22,- €

Sue Monk Kidd: Das Buch Ana

Übersetzt von Judith Schwaab

btb, 576 Seiten, 22,- €

Die Frau an Jesus’ Seite
Sie ist klug, rebellisch und stark: Ana. „Ich war die Frau von Jesus ben Joseph aus Nazareth.“ Ihre Geschichte beginnt im Jahr 16 nach Christus in Galiläa. Die Tochter eines jüdischen Gelehrten schreibt heimlich die Geschichten vergessener Frauen auf. Eine Stimme zu haben – dafür brennt Ana. Als die Vierzehnjährige einen Witwer heiraten soll, wehrt sie sich. Und ihr geht ein junger Mann nicht aus dem Kopf: Jesus. Sue Monk Kidds mitreißender Roman über die fiktive Gefährtin von Jesus porträtiert eine faszinierende Frau, deren emanzipatorischer Kampf hochaktuell ist. Anas Stimme hallt nach.

Im Porträt: Dora Heldt

Erfolgsrezept: Humorvolle Menschenliebe

Dora Heldt macht Millionenauflagen als launige Chronistin des Alltags. In ihren Romanen und Kolumnenbüchern mokiert sich die Bestsellerautorin warmherzig über alles Menschliche.

Frankfurter Buchmesse 2020 Themenwelten Unterhaltung Dora Heldt

© Gunter Glücklich

Bei allem Erfolg hebt sie nicht ab. Authentisch will sie schreiben und in ihrer eigenen Erfahrungswelt bleiben. Deshalb sind ihre Heldinnen meistens so alt wie sie selbst es gerade ist, und sogar ihre berühmte Figur Papa Heinz ähnelt ein wenig ihrem eigenen Vater.

Das heißt aber nicht, dass sich die 58-Jährige zu wichtig nimmt. Bärbel Schmidt kennt sich einfach am besten damit aus, was die Bärbel Schmidts dieser Welt so umtreibt – oder vielmehr, was Frauen ihrer Generation, die sich für andere Menschen und das oft so absurde Leben interessieren, gerade umtreiben könnte. Augenzwinkernd kommentiert sie das alles, mitunter kopfschüttelnd, aber niemals abgehoben oder arrogant. „Ich bin eine von euch“, signalisiert die Frau mit der sonoren Stimme bei ihren Lesungen – und ihre bodenständige, unverstellte Art kommt an.

Als Bärbel Schmidt ist sie weitgehend unbekannt. Ihr Pseudonym Dora Heldt kennen Millionen – so wie ihre Bestseller, die Filme nach ihren Büchern und ihre Kolumnen. Der vierte Band ihrer schrägen, komischen, aber stets einfühlsamen Alltagsbeobachtungen heißt folgerichtig „Alles eine Frage der Perspektive“. Und: „Von handybedingter Nackenstarre, mutierten Märchenprinzen und anderen erstaunlichen Dingen.“ Am Ende einer Kolumne bekennt sie über Hektik und Lärm unserer Zeit: „Und ich hätte auch gern einen Knopf, den ich nur drücken müsste, damit es ab und zu mal still wird.“

Frankfurter Buchmesse 2020 Themenwelten Unterhaltung Alles eine Frage der Perspektive

Dora Heldt: Alles eine Frage der Perspektive
Von handybedingter Nackenstarre, mutierten Märchenprinzen und anderen erstaunlichen Dingen. dtv, 224 Seiten, 10,95 €

Disziplin und harte Arbeit
Richtig ruhig geht es bei der Vielschreiberin aber höchstens mal zwischen Weihnachten und Neujahr zu. Denn die bekennende Norddeutsche und Wahl-Hamburgerin, die schon südlich von Bremen Heimweh kriegt, hat sich die Marke Dora Heldt hart erarbeitet. Guter Humor, da ist sie ähnlich diszipliniert wie ihre Ikone Loriot, verträgt sich schlecht mit Schlamperei.


Geboren auf Sylt, wo sie bis heute oft weilt, musste sie als Kind oft umziehen, weil der Vater bei der Bundeswehr war. Viel gelesen hat sie immer. Kaum eine Autorin kennt den Buchmarkt mit allen Facetten so gut wie sie: Nach der Buchhändlerinnen-Lehre mit neunzehn arbeitete sie lange als Verlagsvertreterin, bevor sie nach ihrer Scheidung selbst zu schreiben begann. Vierundvierzig war sie da. Um keinen Bonus als Frau aus der Branche zu bekommen, schon gar nicht beim eigenen Verlag, reichte Bärbel Schmidt das Manuskript unter dem Namen ihrer Großmutter ein – Dora Heldt war geboren.
Alles, was ihr wichtig ist und widerfährt, von der Familie über Freundschaften bis hin zum absurden Sauna-Gespräch, bringt das Phänomen Dora Heldt in ihre Bücher. Seit vier Jahren nicht nur in Romane, sondern auch in Krimis. Aber selbst die kommen eher heiter daher so wie aktuell ihre kriminelle Dorfkomödie „Mathilda oder Irgendwer stirbt immer“. Das liegt wohl an der wichtigsten Zutat der Dora-Heldt-Welt: humorvoller Menschenliebe.

Text: Petra Mies

Frankfurter Buchmesse 2020 Themenwelten Unterhaltung Mathilda

Dora Heldt: Mathilda oder Irgendwer stirbt immer
dtv, 464 Seiten, 16,90 €