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Die Veranstaltung wird von einem Dolmetscher konsekutiv deutsch/russisch sowie russisch/deutsch übersetzt.

Das unleugbare militärische Scheitern des Vernichtungskrieges gegen die Ukraine erschüttert Russland auch innenpolitisch. Die Diktatur Wladimir Putins scheint nicht mehr in Stein gemeißelt. Man denkt unwillkürlich an die Zeit von 1917, als die russische Kriegsniederlage als Brandsatz für die Revolution und den anschließenden Bürgerkrieg wirkte und das Ende der zaristischen Autokratie einläutete.

Ohne Scheuklappen stellt der Autor Fragen, die sich viele in dieser Klarheit bisher nicht zu stellen wagen. Für ihn ist die Revolution in Russland nur eine Frage von Ort und Zeit. Was aber heißt heute Revolution? Ohne Gewalt wird sie nicht abgehen. Der Sturz des Gewaltherrschers allein löst die Probleme des Landes nicht. Dafür sind tiefgreifende Reformen nötig, die den politischen Teufelskreis der ewig erneuerten Autokratie durchbrechen. Eine parlamentarische Republik mit Gewaltenteilung, funktionierendem Föderalismus und lokaler Selbstverwaltung sollen das garantieren. Aus seinem immensen politischen Erfahrungsschatz schöpfend, erörtert der Autor die Schwierigkeiten auf dem Wege dorthin und nimmt hierbei auch auf Lenin Bezug. Eine kampfstarke neobolschewistische Partei würde die Revolution beschleunigen, anschließend aber wieder zur Diktatur führen. Eine breite Koalition wäre schwächer, aber offener für eine demokratische Zukunft. Erstaunt liest man, dass Chodorkowski für eine linke Politik plädiert, die die Ungerechtigkeiten der Privatisierung in den 1990er-Jahren wiedergutmacht. Ohne durchdachte Sozialpolitik könne keine künftige Regierung die Mehrheit der Bevölkerung gewinnen. Der Autor erörtert eine Vielzahl von Möglichkeiten und liefert damit eine Art Handbuch der Revolution. Trotz aller Hindernisse und Gefahren ist er sich in einem ganz sicher: Russland steht eine Zukunft in Freiheit offen.

Portrait Michail Chodorkowski

© Anastasia Khordorkovska

Interview | Gespräch

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Mitwirkende

© Anastasia Khordorkovska

Michail Chodorkowski

Autor

© Katharina Eglau

Sonja Zekri

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