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Logo Deutscher Jugendliteraturpreis und Prof. Dr. Jan Standke, Vorsitzender des AKJ

© Benjamin Gottwald / AKJ; Matthias Knoch

Einmal jährlich in ein Meer aus Kinder- und Jugendbüchern aus allen Kontinenten der Welt einzutauchen - das war die Aufgabe des ehemaligen Jury-Vorsitzenden Prof. Dr. Jan Standke. Für den Deutschen Jugendliteraturpreis, der alljährlich auf der Frankfurter Buchmesse verliehen wird (Freitag, 18. Oktober, 17.30 -19.00 Uhr, Congress Center, Saal Harmonie), leitete er die Jury. Mittlerweile ist Prof. Dr. Standke der Vorsitzende des Arbeitskreises für Jugendliteratur (AKJ), der den Preis ausrichtet. Wir haben über die Highlights der nominierten Bücher gesprochen. Außerdem befragten wir ihn zu der viel zitierten IGLU-Studie über die mangelnde Lesekompetenz junger Menschen.  

 

  1. Hallo, Herr Professor Dr. Standke. Zu Anfang ganz direkt gefragt: Welche Assoziationen verbinden Sie mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis?

    Danke für die schöne Frage. Zuerst denke ich an die unzähligen faszinierenden Geschichten aus Deutschland und der ganzen Welt, die von unserer Kritiker-, Sonderpreis- und der Jugendjury gesichtet werden. In die über 650 eingereichten Bücher eintauchen zu können, ist immer wieder eindrucksvoll.  Ich denke an das große ehrenamtliche Engagement unserer Jurys, die viel Zeit, Energie und Liebe zur Literatur in die Auswahl investieren.  

    Ich denke an die Bekanntgabe in Leipzig, vor allem aber an die Vergabe im Rahmen der Frankfurter Buchmesse. Eine größere Bühne für die Kinder- und Jugendliteratur kann man sich wohl kaum vorstellen. Und die Stimmung vor, auf und hinter der Bühne ist einfach fantastisch.  

    Dann denke ich noch an die enorme Resonanz, die der Deutsche Jugendliteraturpreis hervorruft. Die ausgezeichneten Bücher finden sich in Bibliotheken, im schulischen Unterricht oder sie werden von jungen Menschen, Eltern und Großeltern gekauft und gelesen. Die Wirksamkeit und Verantwortung unserer Arbeit bei der AKJ ist uns bewusst. Und für mich ganz persönlich ist der Preis mit wichtigen biografischen Phasen verknüpft. So habe ich während der Corona-Hochphase die Verleihung des Preises unter ganz besonderen Bedingungen begleitet. So ist meine zehnjährige Tochter Malia gewissermaßen zwischen den nominierten Büchern aufgewachsen.  

     

  2. Sie sind Vorsitzender des Arbeitskreises für Jugendliteratur (AKJ) und Leseförderung von Kindern und Jugendlichen. Der Deutsche Jugendliteraturpreis honoriert jedes Jahr herausragende Literatur für junge Leser*innen und ist damit auch eine Brücke zur Leseförderung. Was haben die jüngsten Ergebnisse der IGLU-Studie (Internationale Grundschul-Leseuntersuchung) bei Ihnen ausgelöst?

    Ich habe die Ergebnisse mit großer Sorge zur Kenntnis genommen, gleichwohl ich nicht überrascht war. Was sich in den Ergebnissen der jüngsten IGLU-Studie zeigt, bestätigt einen sich seit längerem abzeichnenden Trend: Immer mehr Kinder und Jugendliche verfügen über schlecht ausgeprägte Lesekompetenzen. Ein Viertel der in Deutschland getesteten Kinder der vierten Klasse verfehlen den Mindeststandard im Lesen, der die ergiebige Auseinandersetzung mit literarischen Texten ermöglichen könnte. Das ist, zumal im internationalen Vergleich, erschütternd.  

    An wirksamen Programmen und Instrumenten mangelt es nicht. Nun müssen die entsprechenden finanziellen Mittel her, um die Maßnahmen langfristig umzusetzen. Und hier kommen wir zum Problem. Es fehlt das Geld bzw. die Bereitschaft, es im erforderlichen Umfang und dauerhaft zur Verfügung zu stellen.  

     

  3. Die Ergebnisse der Studie sind dramatisch. Gibt es aus ihrer Sicht 'Rettungsringe' für die Leseförderung von Kindern und Jugendlichen? Welche konkreten Maßnahmen erwarten Sie von Politiker*innen?  

    Im vergangenen Jahr hat der AKJ in Reaktion auf die IGLU-Studie ein Positionspapier "Lesen fördern – Bildung stärken"(Öffnet neues Fenster) veröffentlicht. Im Grunde ist es ganz einfach: viel hilft viel! Wir halten eine schulische Lesekultur für unverzichtbar, welche die tägliche Lesezeit über alle Fächer und Schuljahrgänge hinweg steigert. Kinder- und Jugendliteratur sollte dabei eine besondere Rolle spielen. Wichtig ist außerdem die Vernetzung mit Bibliotheken oder Literaturhäusern.  

     

  4. Mit Blick auf die Verleihung des Deutschen Jugendliteraturpreises im Oktober auf der Messe 2024: Worauf können wir uns aufgrund der nominierten Bücher jetzt schon freuen?  

    Sie können sich freuen auf Bücher, die ganz faszinierende Schlaglichter auf die kleinen und großen Herausforderungen unserer Welt werfen. Auf Bücher, die mit neuen Erzählweisen und ästhetischen Konzepten überraschen. Es geht um Existenzielles wie etwa der Umgang mit dem Tod ebenso wie die alltäglichen Probleme des Erwachsenwerdens. Aber auch die großen gesellschaftlichen Fragen, etwa nach Krieg und Frieden oder der ökologischen Zukunft unserer Welt werden in den Büchern verhandelt.  

    Ein Highlight werden die szenischen Präsentationen der Jugendjury sein. Zudem vergeben wir den Sonderpreis Neue Talente in der Rubrik „Übersetzung“. In einer Zeit, in der die interkulturelle Verständigung wichtiger ist, denn je, freue ich mich hierüber besonders. 

     

Herr Prof. Dr. Standke, ich danke Ihnen für das Gespräch!

Foto: © Matthias Knoch

(Das Interview führte Lea Nordmann, PR Volontärin bei der Frankfurter Buchmesse.)


Tickets zur Frankfurter Buchmesse sind hier(Öffnet neues Fenster) erhältlich.

Alle Nominierungen des Arbeitskreises für Jugendliteratur sind hier(Öffnet neues Fenster).

2023 haben wir in einem ersten Gespräch über die Jury-Kriterien für Kinder- und Jugendliteratur gesprochen. Darin berichtet Prof. Dr. Standke, wie er Experte für das Genre wurde. Das Interview ist hier(Öffnet neues Fenster)