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Marktüberblick Brasilien: Talfahrt mit Hoffnungsschimmer?

Wenn am 26. August die Bienal do Livro in São Paulo beginnt (Deutscher Gemeinschaftsstand: M034), steht das Buch im Zentrum der Aufmerksamkeit. Wie ist es um das Leseland Brasilien bestellt? Und wie entwickelt sich der brasilianische Buchmarkt? Bei THE MARKETS, der Auftaktkonferenz der Frankfurter Buchmesse am 18. Oktober 2016, werden sieben Buchmärkte – darunter der brasilianische – näher analysiert werden.

Nach Angaben des Instituts für Öffentliche Meinung und Statistik (IBOPE) lesen Brasilianer 4,7 Bücher pro Jahr und kaufen alle zwölf Monate 1,2 Bücher. Kinderbuchverlegerin Miriam Gabbai (Callis Editora) fordert deshalb: „Wir müssen mehr Leser erreichen, auch in den besser gebildeten Schichten der Bevölkerung.“ Eine Lösung sieht Gabbai, die bei THE MARKETS sprechen wird, im Ausbau der Vertriebsstrukturen. So gäbe es im Land lediglich 3.095 Buchhandlungen. Selbst die 12 Millionen Einwohner im Stadtgebiet São Paulo müssen mit 335 Sortimenten auskommen, das entspricht einer Buchhandlung für rund 36.000 Einwohner. Die UNESCO empfiehlt ein Verhältnis von 1 zu 10.000.

Die anhaltende Wirtschaftskrise zieht den brasilianischen Buchmarkt weiter in Mitleidenschaft. Nach einem Umsatzrückgang von über fünf Prozent im Jahr 2014, schlägt für das vergangene Jahr ein weiteres Minus von knapp 3,3 Prozent zu Buche. Steigende Buchpreise zwischen 8 und 11 Prozent über alle Marktsegmente hinweg verhinderten einen drastischeren Einbruch. Gut ein Viertel des Gesamtumsatzes von 1,49 Milliarden Euro entfällt auf den Staat, der in Brasilien traditionell Hauptabnehmer der nationalen Buchproduktion ist. Hintergrund sind diverse Bildungsoffensiven und -programme, die insbesondere den Schulbuchverlagen den Ankauf von Lehrmaterialien staatlich garantiert.

2015 ist die Zahl der Neuerscheinungen im Vergleich zum Vorjahr um 10,39 Prozent gesunken (2015: 17.282; 2014:19.285), wobei das Segment Allgemeine Titel mit über 20 Prozent den stärksten Einbruch verzeichnete. Die Anzahl an verkauften Exemplaren beläuft sich 2015 auf 389.274.495, das entspricht einem Minus von fast elf Prozent gegenüber 2014.

Die maßgeblichen Vertriebskanäle sind nach wie vor die klassischen Buchhandlungen sowie der Zwischenbuchhandel mit einem gemeinsamen Marktanteil von fast 70 Prozent. Platz 3 mit knapp zehn Prozent belegt der Verkauf von Büchern an der Haustür durch „mobile Buchhandlungen“. Auf diese Weise werden immerhin fast 25 Millionen Bücher an den Leser oder die Leserin gebracht.

Die Wirtschaftskrise hat auch zu einem leichten Rückgang deutscher Lizenzvergaben nach Brasilien geführt. 2010 rangierte Brasilien noch vor den USA mit 157 Abschlüssen (USA: 148) als wichtigstes Land für deutsche Verlage auf dem amerikanischen Kontinent. Dieses Verhältnis hat sich in den letzten Jahren zugunsten der USA deutlich gedreht: 2015 fiel Brasilien im Ranking der wichtigsten Handelspartner deutscher Verlage auf dem amerikanischen Kontinent mit 124 Lizenzvergaben zurück hinter die USA (215).

Verlegerin Miriam Gabbai hofft auf diesem Gebiet aber auch auf einen positiven Effekt: „Die Abwertung der brasilianischen Währung verteuert zwar den Erwerb ausländischer Rechte, gleichzeitig wird es für internationale Verlage deutlich günstiger, Rechte an brasilianischer Literatur zu erwerben.“

Lichtblick E-Book

Der brasilianische E-Book-Markt setzt seine dynamische Entwicklung fort. Nach dem kräftigen Umsatzsprung von 35,5 Prozent im Vorjahr legte er 2015 gegenüber 2014 um weitere 20 Prozent zu auf nunmehr 5,8 Millionen Euro. Im vergangenen Jahr konnten insgesamt 1.264.517 Titel (2014: 1.213.062) verkauft werden, mit 4,2 Prozent ebenfalls ein ordentlicher Zuwachs.

Die Rahmenbedingungen für einen weiteren Aufschwung sind gut. Mit einem geschätzten Umsatz von 19 Millionen US-Dollar ist Brasilien aktuell der zehntgrößte E-Commerce-Markt der Welt. Mehr als die Hälfte der Einwohner nutzt das Internet, fast 50 Millionen Menschen besitzen ein Smartphone, 10 Millionen ein Tablet. Derzeit nutzen 86,5 Millionen User diverse soziale Netzwerke, 2018 sollen es schon knapp 100 Millionen sein. Eines der wichtigsten Hemmnisse sind die hohen Einfuhrzölle auf E-Reader und Tablets.

Der brasilianische Buchmarkt im Überblick (2015)
Umsatz: 1,491 Mrd. Euro
Verlage: 500
Druckauflage gesamt: 446.848.571 Exemplare
Verkaufte Exemplare: 389.274.495
Titel/Jahr: 52.427
Buchläden: 3.095
Alphabetisierungsrate: 86 Prozent

Quellen:
PRODUÇÃO E VENDAS DO SETOR EDITORIAL BRASILEIRO (Camara Brasileiro do Livor)
White Paper: 7 Dynamic Publishing Markets in 2016, Hannah Johnson and Erin L. Cox, Publishing Perspectives for the Frankfurt Book Fair’s 2016 THE MARKETS: GLOBAL PUBLISHING SUMMIT

Über THE MARKETS
Wichtige Verleger, Strategen und Branchenexperten aus sieben Ländern werden am Dienstag, 18. Oktober 2016, ihre jeweiligen Märkte mit Analysen und Trendberichten vorstellen und persönliche Empfehlungen liefern. Die eintägige Konferenz wird von der Frankfurter Buchmesse in Kooperation mit dem US-amerikanischen Branchenmagazin Publishing Perspectives organisiert. Bis 31.8.2016 gilt der Frühbucherrabatt (20 Prozent Ermäßigung auf den regulären Preis).
Die Märkte 2016 sind:

Brasilien
Flandern & Niederlande
Großbritannien
Philippinen
Polen
Spanien
Vereinigte Arabische Emirate
Tickets und weitere Informationen: www.themarkets2016.com(Öffnet neues Fenster)

Über die Frankfurter Buchmesse
Die Frankfurter Buchmesse ist mit 7.100 Ausstellern aus über 100 Ländern, rund 275.000 Besuchern, über 4.000 Veranstaltungen und rund 10.000 anwesenden akkreditierten Journalisten, darunter 2.000 Blogger, die größte Fachmesse für das internationale Publishing. Darüber hinaus ist sie ein branchenübergreifender Treffpunkt für Player aus der Filmwirtschaft und der Gamesbranche. Einen inhaltlichen Schwerpunkt bildet seit 1976 der jährlich wechselnde Ehrengast, der dem Messepublikum auf vielfältige Weise seinen Buchmarkt, seine Literatur und Kultur präsentiert. Die Frankfurter Buchmesse organisiert die Beteiligung deutscher Verlage an rund 20 internationalen Buchmessen und veranstaltet ganzjährig Fachveranstaltungen in den wichtigen internationalen Märkten. Mit der Gründung des Frankfurt Book Fair Business Clubs bietet die Frankfurter Buchmesse Unternehmern, Verlegern, Gründern, Vordenkern, Experten und Visionären ideale Voraussetzungen für ihr Geschäft. Die Frankfurter Buchmesse ist ein Tochterunternehmen des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels. www.buchmesse.de(Öffnet neues Fenster)

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